Stuttgart (dpa/lsw) – FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke hat Innenminister Thomas Strobl (CDU) in der Affäre um die Weitergabe eines Anwaltsschreibens einen Angriff auf den Rechtsstaat vorgeworfen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) müsse „Strobls Anschlag auf die Gewaltenteilung“ umgehend beenden, forderte Rülke am Mittwoch in Stuttgart.
Strobl behindere die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und Kretschmann schaue zu. Dem Regierungschef sei der Koalitionsfrieden wichtiger als der Rechtsstaat. „Solche Dinge erleben wir sonst nur in einer Bananenrepublik.“ Neben den laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft habe man genug Stoff für drei Untersuchungsausschüsse, kritisierte Rülke.
Der CDU-Politiker steht wegen der Weitergabe eines Anwaltsschreibens an einen Journalisten erheblich unter Druck. Gegen den 62-Jährigen wird unter anderem wegen des Verdachts verbotener Mitteilung über Gerichtsverhandlungen ermittelt.
Im Zentrum der Affäre stehen eigentlich Ermittlungen gegen einen führenden Polizisten wegen des Verdachts der sexuellen Belästigung. Der Mann soll einer Hauptkommissarin in einem Videochat angeboten haben, ihr bei der Karriere zu helfen, wenn sie ihm sexuell zu Diensten sei. In dem Schreiben bat der Anwalt im Namen seines Mandanten um ein persönliches Gespräch mit dem Ministerium. Strobl argumentiert, dies sei ein „vergiftetes Angebot“ für einen Deal gewesen. Um einer möglichen Veröffentlichung durch die Gegenseite zuvorzukommen, habe er das Schreiben einem Journalisten gegeben.
Strobl argumentiert, er habe keine Dienstgeheimnisse verraten. Die Opposition sieht das anders und fordert seinen Rücktritt. SPD und FDP wollen Strobl am Mittwoch in einer öffentlichen Sitzung des Innenausschusses nochmals auf den Zahn fühlen. Rülke sagte, er halte es für fragwürdig, inwieweit vor dem Hintergrund von Strobls Verhalten noch ein faires Verfahren gegen den Polizisten möglich sei.
Grüne und CDU wehrten sich gegen die Kritik Rülkes und stellten sich hinter Strobl. „Wer Formulierungen benutzt wie ‚Anschlag auf die Gewaltenteilung‘, nur um in die Schlagzeilen zu kommen, hat sich für die sachliche Auseinandersetzung disqualifiziert und persönlich blamiert“, sagte die Sprecherin für Rechtspolitik der Grünen-Fraktion, Daniela Evers. Der rechtspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Arnulf von Eyb, nannte die Wortwahl Rülkes „haltlos und unsäglich.“ „Baden-Württemberg mit einer Bananenrepublik zu vergleichen ist unterirdisch.“