Region (pm/svs) – Durchschnittliche Menge – sehr gute Qualität. Auf diese kurze Formel lässt sich das genossenschaftliche Weinjahr 2022 in Baden bringen. Die genossenschaftliche Lesemenge wird bei rund 90 Millionen Litern liegen – und damit deutlich höher ausfallen als im ertragsschwachen Vorjahr, als sie bei 63,5 Millionen Litern lag. Freuen dürfen sich alle Weinliebhaber in der Region auf die Qualität: „Unsere 70 Winzergenossenschaften rechnen mit einem hervorragenden Jahrgang 2022. Da darf man sich ruhig die ein oder andere Flasche mehr in den Keller legen“, betont Dr. Roman Glaser, Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands. Die steigenden Kosten für Energie, Dünger und Pflanzenschutz stellen für die Winzer allerdings eine große Belastung dar. Daher wird der Wein über Kurz oder Lang teurer werden.
Das Weinjahr 2022 reiht sich in die Rangfolge heißer und trockener Jahre seit der Jahrtausendwende ein und wird wohl nach 2003 den zweiten Platz einnehmen. Die Reben litten während des Sommers an der Trockenheit und Hitze. „Tiefwurzelnde ältere Reben waren klar im Vorteil gegenüber jüngeren Anlagen, die – vor allem wenn sie auf leichten, wenig Wasser speichernden Böden stehen – bewässert werden mussten“, macht Glaser deutlich. Dabei brachte die Trockenheit auch Vorteile. „Der trockene und sonnenreiche Sommer hat beste Bedingungen für reife und gesunde Trauben geliefert. Mit Schädlingen und witterungsbedingtem Pilzbefall wie im vergangenen Jahr hatten die Winzerinnen und Winzer nicht zu kämpfen“, so der BWGV-Präsident. Auch Hagelschäden waren in 2022 nicht zu beklagen.
Die Hauptlese in den Winzergenossenschaften hat vielerorts bereits zwischen dem 8. und 10. September begonnen – und damit so früh wie selten. Die Niederschläge im August kamen gerade noch rechtzeitig und waren eine Wohltat für die Reben. „Insgesamt nehmen wir im Gespräch mit unseren Winzergenossenschaften wahr, dass die gute Aromareife der Trauben und die guten Mostgewichte die Erwartungen auf einen guten Jahrgang erfüllen werden“, berichtet Glaser. „Dies ist umso bemerkenswerter, da viele Winzerinnen und Winzer aufgrund der Hitzewelle im Sommer und der intensiven Sonneneinstrahlung bereits mit Trockenschäden rechneten.“ Der Ertrag 2022 könnte bei 90 Hektolitern je Hektar Rebfläche liegen (2021: 62 hl/ha). Die durchschnittlichen Mostgewichte sehen wie folgt aus: Müller-Thurgau ist bereits komplett gelesen bei durchschnittlich 78 Grad Oechsle, Weißburgunder und Grauburgunder zwischen 85 und 90 Grad Oechsle. Die Spätburgunder liegen im Schnitt bei gut 85 Grad Oechsle.
Der Absatz der badischen Winzergenossenschaften verringerte sich im ersten Halbjahr 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,4 Millionen auf 40,3 Millionen Liter Wein und Sekt (minus 5,9 Prozent). Dies lag insbesondere an einer leicht anziehenden Kaufzurückhaltung im Lebensmitteleinzelhandel. Der Umsatz stieg im gleichen Zeitraum um 2,1 Millionen Euro auf 123,3 Millionen Euro (plus 1,7 Prozent). Im Gesamtjahr 2021 haben die badischen Winzergenossenschaften 85,1 Millionen Liter Wein und Sekt verkauft (plus 0,9 Millionen Liter beziehungsweise 1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr). Der Umsatz stieg um 6 Millionen Euro (2,4 Prozent) auf 255,7 Millionen Euro.
Eine enorme Belastung für die Winzerinnen und Winzer sowie die Genossenschaften stellen die im Zuge des Ukraine-Kriegs explodierenden Preise dar. „Die steigenden Kosten für Energie, Dünger und Pflanzenschutz lassen die Betriebskosten in die Höhe schnellen, ebenso wie die hohen Preise für Flaschen, Verpackungen und Logistik sowie der gestiegene Mindestlohn. Auch wenn unsere Genossenschaften viel für die Verbraucher abfedern – an Preisanpassungen führt kein Weg vorbei“, macht Glaser deutlich und ergänzt: „Die gestiegenen Kosten müssen auch vom Verbraucher und dem Handel mitgetragen werden.
Gerade im Lebensmitteleinzelhandel dürfen die Regale nicht vermehrt mit ausländischen Weinen bestückt werden. Die im Rahmen der Auftaktveranstaltung zum Strategiedialog Landwirtschaft am vergangenen Freitag von Ministerpräsident Kretschmann zusammen mit Vertretern des Lebensmitteleinzelhandels unterzeichnete Absichtserklärung zur Stärkung von regionalen beziehungsweise lokalen Erzeugnissen im Lebensmitteleinzelhandel muss nun auch beim Wein mit Leben erfüllt werden.“ Glaser erklärt, dass die Weinproduktion insbesondere im Herbst ein energieintensiver Prozess ist. Zum jetzigen Zeitpunkt lasse sich noch nicht zuverlässig prognostizieren wie hoch die Mehrkosten ausfallen. „Aktuell gehen wir von einer Kostensteigerung für die Betriebe in Höhe von rund 20 Prozent aus“, so Glaser. Eine weitere Unbekannte sei, wie stark sich angesichts der hohen Inflation das Konsumverhalten ändere.