Weinjahr 2018: Winzer erwarten einen Spitzenjahrgang

06. Oktober 2018 , 11:15 Uhr

In vino veritas: Im Wein liegt die Wahrheit. Dieses Sprichwort werden sicher viele Genießer kennen. Was wenige wissen: Das lateinische Sprichwort bezieht sich auf eine germanische Tradition, zu Sitzungen Wein zu trinken. Schließlich kann niemand, so die Annahme, lügen, wer betrunken ist. Ähnliche Sprichwörter existieren auch in anderen Kulturkreisen. Wein wird seit Jahrtausenden getrunken und hat heute einen exklusiven Charakter. Entscheidend dafür, wie gut ein Jahrgang am Ende wird, ist immer das Wetter. 2018 hat das Zeug dazu, so zumindest die ersten Prognosen der Medien, ein guter Jahrgang zu werden.

Damit Winzer sich nach der Lese sowohl über die Erntemenge als auch die Qualität des Weins freuen können, muss alles stimmen, bis die letzte Traube gelesen ist. Bisher scheint Petrus mit den Winzern nach einem eher durchwachsenen Jahrgang 2017 Einsehen zu haben. Die Prognosen verheißen noch bis weit in den September hinein Sonne. Was für die Lese nicht minder wichtig ist: Es scheinen alle Zeichen auf wenig Niederschlag zu stehen. Warum ist das Wetter beim Lesen so wichtig? Geht es nicht viel mehr darum, dass gerade in den ersten Monaten der Wein genug Sonne abbekommt?

In welchen Regionen freuen sich die Winzer besonders?

Deutschland ist in Bezug auf den Weinbau zweigeteilt. Auf der einen Seite liegen der Osten und Norden, in dem Wein nur in kleinerem Maßstab angebaut wird. Beispiele sind die Weinbaugebiete entlang der Elbe in Sachsen sowie die Region Saale-Unstrut. Im Südwesten der Republik herrschen Bedingungen, welche den Anbau der Weinreben von je her eher begünstigen.

Besonders bekannt sind die Weinbaugebiete entlang des Rheins in Baden-Württemberg oder an der Mosel. Hier gedeihen einiger der beliebten Weine, wie der Riesling oder Spätburgunder. Schon immer von der Sonne etwas mehr verwöhnt, haben sich Rheinland-Pfalz oder das Weinbaugebiet Baden 2018 über besondere Witterungsbedingungen gefreut. Für die Weinfeste dürfte dies eine tolle Ausgangslage sein.

Anders als 2017, dass bereits mit einem sehr warmen März Hoffnung gemacht hat, enttäuschte das Frühjahr 2018 die Winzer diesmal nicht. Denn: 2017 brachte in den folgenden Monaten noch einmal Frost und Minusgrade. Für Obst ist diese Konstellation alles andere als optimal. Auch die Sommermonate haben den Reben in Baden und anderen Weinbauregionen von der Sonne her eigentlich gutgetan. Was einige Winzer in der Region Baden und rund um Karlsruhe freut, ist die anhaltende Trockenheit.

Denn Niederschläge während der Lese, welche in diesem Jahr besonders früh begonnen hat, sind sowohl bei kühler Witterung als auch bei Wärme schlecht. Dass die Lese teils drei Wochen vor dem üblichen Starttermin begonnen hat, zeigt die besondere Entwicklung im Weinberg 2018.


Die Weinlese hat hierzulande 2018 schon sehr früh begonnen. Foto: fotolia.com © mmphoto

Aber: Nicht alle Winzer heben den Daumen in Bezug auf die Witterung. Besonders jene Weinbaubetriebe, die sich auf eher späte Rebsorten spezialisiert haben, blicken mit einer gewissen Sorge gen Himmel. Bis die Traube von der Rebe, zum Beispiel beim Riesling oder verschiedenen Rotweinen, gelesen werden, braucht es noch Regen, um die tiefen Wurzeln zu erreichen. Genau hier liegt eines der Probleme, die einige, nicht alle Winzer in Deutschland haben.

Was könnte den Wein so gut machen?

2018 hat das Zeug, ein ertragreiches Jahr für die Winzer zu werden und es könnten einige sehr gute Weine aus den Trauben reifen. Dass die Winzerbetriebe schon mit Hochdruck im Weinberg an der Lese arbeiten, hat natürlich Gründe. Damit ein Jahrgang gut bis außergewöhnlich werden kann, müssen verschiedene Faktoren auf den Punkt stimmen. Wo sticht das Weinjahr 2018 heraus?

Prinzipiell geht es um Rahmenbedingungen, die in der Hauptsache von:

bestimmt werden. Dabei lassen sich die Faktoren nicht isoliert voneinander betrachten. Es geht nur im gemeinsamen Kontext. Eine erste wichtige Phase ist das Frühjahr, wenn die Reben Knospen austreiben und sich die Blüten entwickeln.

2017 hat durch den späten Frost vielen Winzern Falten auf die Stirn getrieben. 2018 ist deutlich besser gelaufen. Ein früh ungewöhnlich warmes Frühjahr hat die Reben austreiben lassen. Und es ging mit der Entwicklung eigentlich nahtlos in den Sommer über. Da Wein tendenziell eher eine Sonnenpflanze ist, hat von diesem Standpunkt aus gesehen eigentlich alles sehr gut zusammengepasst.

Sonne als entscheidender Faktor

Denn gerade Sonne ist wichtig, um die Trauben an der Rebe zur Vollreife zu bringen. Der zweite Faktor, die Temperatur, beeinflusst das Wachstum der Rebe bzw. der Trauben und deren Reife. Als sehr gut gelten Durchschnittstemperaturen, welche um die 25°C liegen. Ist es kälter, hemmt dies die Reife der Traube.

Bleibt noch das Thema Niederschlag. Da Wein sehr tiefe Wurzeln ausbildet, sind selbst längere Trockenperioden nicht unbedingt dramatisch. Zumindest nicht in einem Maß, wie es andere Landwirtschaftsbetriebe betrifft. Es sollte etwa 500 mm Niederschlag geben. Natürlich hat der Boden und dessen Speicherfähigkeit ein Wörtchen mitzureden. Wenn es nicht genug regnet, wird eines aber nicht entstehen, ein Spitzenwein.

Wetter bei der Lese

Das Wetter spielt bei der Weinlese eine nicht unerhebliche Rolle. Ist es warm und feucht, wandeln die Trauben ihre Säure um und werden süßer. Was für den weiteren Ausbau der Weine eigentlich ein Vorteil ist, setzt die Winzer auf der anderen Seite unter Druck. Durch die steigenden Zuckergehalte in der Traube steigt die Anfälligkeit für Pilzerkrankungen, was zulasten der Qualität geht. Gleichzeitig sorgt Niederschlag dafür, dass die Beeren aufzuplatzen drohen, was sich ebenfalls negativ auswirkt.

Eine tendenziell eher kühle Witterung hat ebenfalls Nachteile. Was Winzern immer wieder zu schaffen macht, sind Schädlinge wie die Essigfliegen. Diese können, unter anderem durch übertragene Mikroorganismen, zu einer Schädigung der Trauben und damit eine Minderung der Qualität führen. Besonders gefürchtet ist derzeit die Kirschessigfliege. Bis alle Trauben gelesen und gepresst sind, werden noch einige Tage bis Wochen vergehen. Zeit, in der noch viel schiefgehen kann. Erfahrene Winzer sind mit Prognosen aus genau diesem Grund eher vorsichtig.

Von der Rebe in die Flasche

Nach der Lese wird der Wein gemaischt (je nach Rebsorte kürzer oder länger mit den Schalen) und kann gären. Vor der Abfüllung in Flaschen geht es an die Schwefelung, die heute nahezu jeder Wein erhält. Dies ist wichtig, um entstandenes Acetaldehyd zu neutralisieren und eine Oxidation des Rebensaftes zu verhindern. Entgegen verschiedener Mythen ist der Schwefel im Wein für den Menschen nicht schädlich.

Sommer 2018: Profitieren Winzer vom Klimawandel?

Immer wieder ist das Argument zu hören. Winzer, deren Reben auf eine umfassende Sonnenscheindauer und nicht zu hohe Niederschläge angewiesen sind, werden Gewinner der Klimaveränderung. Die frühe Weinlese in diesem Jahr hat in Baden bereits gute Erträge gebracht.

Allerdings sollte diese Ansicht mit Bedacht ausgesprochen werden. Weinreben brauchen Sonne und entsprechende Temperaturen. Ohne Niederschläge wird es aber auch keine guten Weine geben. Ist das Klima zu trocken, geraten junge Reben schnell unter Dürrestress. Kommt zu wenig Wasser bei den alten Reben an, ist eine Notreife zu befürchten. Diesen Trauben fehlt es dann schlicht an Substanz für einen guten Wein.

Eine frühe Lese automatisch mit guten Jahrgängen gleichzusetzen, ist am Ende kurzsichtig. Zumal folgender Sachverhalt in Bezug auf das Klima nicht unter den Tisch fallen darf: Klimawandel bedeutet am Ende eine Häufung von Wetterextremen. Dies kann später Frost sein wie 2017. Es kann aber auch passieren, dass in einem der nächsten Jahre genau zum falschen Zeitpunkt hohe Niederschlagsmengen drohen.

Fazit: 2018 ist noch kein ausgemachtes Weinjahr

Dieses Jahr hat Frost im Frühjahr wie 2017 zum Glück nicht wiederholt. Dafür konnte sich eine Omega-Lage über Europa etablieren, welche über Monate bestimmend für das Wetter war. Soll heißen: Es gab Sonne satt. Eigentlich hätte diese Entwicklung Winzern gefallen müssen und scheint es einigen Betrieben auch. Allerdings längst nicht allen. Gerade Winzer, die erst im September in die Lese starten, hätten sich mehr Niederschlag gewünscht. Denn dort, wo es sehr wenig Regen gegeben hat, droht irgendwann auch den älteren Rebstöcken Dürrestress. Dieser wiederum führt zur Notreife der Trauben, was Ertrag und Qualität negativ beeinflusst. Bedeutet für den Jahrgang 2018, dass die prognostizierte Spitzenqualität keineswegs ausgemacht ist. Auf dem Weg bis in die Presse und Flasche kann mit den deutschen Weinen noch viel passieren.

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