Stuttgart (dpa/svs) – Bisher landen sie meist in der Altglastonne, nun sollen sie wieder verwendet werden: Weinflaschen sind energieaufwendig zu produzieren. Mit einem Pfandsystem könnte die Branche umweltfreundlicher werden. Wein soll es in Baden-Württemberg bald auch in 0,75-Liter-Pfandflaschen geben.
Ob als Kerzenhalter in der Studenten-WG oder gefüllt mit Lichterketten – leere Weinflaschen können kreativ wiederverwendet werden. Die meisten Flaschen landen in Deutschland jedoch in der Altglastonne. Anders in Baden-Württemberg: Schon lange gibt es im Südwesten ein Pfandsystem für Weinflaschen im 1-Literformat und Möglichkeiten, diese zu spülen. Nun soll auch die 0,75-Liter-Mehrweg-Flasche auf den Markt kommen. Das sei deutschlandweit einmalig, sagt Werner Bender, Vorstand der Wein-Mehrweg eG. Die neu gegründete Genossenschaft will noch in diesem Jahr erste Weine in die Pfandflaschen abfüllen.
Bisher gibt es Weinflaschen in vielen Formen und Farben. Fast jede Genossenschaft habe ihr eigenes Design. «So ist ein großes Pfandsystem schlicht nicht machbar», sagt Bender. Er schließe nicht aus, dass lokale Weinproduzenten schon vereinzelt ihre Flaschen zurücknehmen, doch ein großes Pfandsystem brauche eine standardisierte Flasche. Diese habe die Winzergenossenschaft nun entwickelt.
Eine weitere Voraussetzung sind genug Spülmöglichkeiten, erklärt Bender. In Möglingen (Kreis Ludwigsburg) gibt es nach seinen Angaben eines der bundesweit leistungsfähigsten Spülzentren. Hier werden 24 Millionen Pfandflaschen im Jahr gereinigt. Bisher reihen sich auf dem Fließband jedoch nur 1-Liter-Weinflaschen. Das System gebe es laut Bender hier schon seit mehreren Jahrzehnten. «Früher war die Literflasche am beliebtesten», sagt er. Doch mittlerweile habe ihr die 0,75-Liter-Flasche den Rang abgelaufen. Im Spülzentrum in Möglingen werden heute nur noch halb so viele Literflaschen gespült wie zur Zeit seiner Eröffnung.
Die Weinflasche allein besitze laut dem Deutschen Weininstitut einen Anteil von etwa 45 Prozent am CO2-Fußabdruck bei der Weinproduktion. Pfandflaschen aus Glas können laut Umweltbundesamt bis zu 50-mal wiederbefüllt werden. Damit spare man Energie und Ressourcen im Vergleich zur Verwendung von Einwegflaschen. Schon nach zehn Umläufen habe man rund halb so viel CO2 verbraucht wie beim Recycling, sagte die Abteilungsleiterin beim baden-württembergischen Genossenschaftsverband, Ute Bader.
Sie betreut das zweite, große Projekt aus dem Südwesten. Die Initiative «Zukunftsfähiges Mehrwegsystem» arbeitet demnach ebenso an einem Konzept für ein Pfandsystem für 0,75-Liter-Weinflaschen. Im Projekt seien Partner aus dem Handel und der Glasindustrie mit an Bord, sagt Bader. Mit wissenschaftlicher Beratung vom Weincampus Neustadt in Rheinland-Pfalz soll ein Konzept erarbeitet werden. Dabei verstehe man sich nicht als Konkurrenz zur Wein-Mehrweg eG. Vielmehr arbeiten die Initiativen aus Baden-Württemberg Seite an Seite.
«Daran sieht man, dass es die Branche beschäftigt», sagt der Geschäftsführer des Badischen Weinbauverbands, Holger Klein. Die Frage sei, ob der Lebensmitteleinzelhandel und die Verbraucher die neuen Flaschen annehmen. Denn die Weinvermarktung definierte sich bisher über das kunstvolle Flaschendesign, sagt Ute Bader. Ihrer Meinung nach werde es nicht eine einzige Flasche für alle Weine geben können. «Im besten Fall sind es maximal eine Handvoll», sagt sie. Zumindest der Unterschied zwischen Burgunder-, Bordeaux- und Schlegelflasche werde wohl bestehen bleiben.