Wein lohnt sich nicht mehr: Winzer aus Weinsberg baut jetzt Oliven an

02. April 2025 , 04:28 Uhr

Weinsberg (pm/dk) – In den Steillagen von Weinsberg wächst künftig nicht nur Wein: Winzer Hermann Frisch hat auf 2,5 Hektar Rebfläche Reben gerodet und stattdessen Olivenbäume gepflanzt. Eine mutige Entscheidung – aber keine unüberlegte. Das ganze hat nämlich einen ernsten Hintergrund.

Oliven statt Wein – aus mehreren Gründen

„Der Erlös der Reben liegt unter dem Mindestlohn“, sagt Hermann Frisch. Nach Abzug aller Kosten rentiere sich der Weinbau für viele kleinere Betriebe nicht mehr. Mit der Umstellung auf Oliven will Frisch sich unabhängiger machen: „Bei Haselnüssen, Mandeln oder Granatäpfeln wären wir wieder abhängig von den Großhändlern. Die Oliven, die wir gepflanzt haben, können wir vielleicht direkt vermarkten.“

Die Idee entstand nicht zuletzt aus der Sorge um den Fortbestand der Steillagenkultur. Frisch sieht darin eine gesellschaftliche Aufgabe: „Wenn die Mauern einfallen, kann es sein, dass Bahnlinien oder Radwege gesperrt werden müssen.“ Alternative Nutzung wie Solar sei im Blick auf das Landschaftsbild – etwa mit der Burg Weibertreu im Hintergrund – nicht genehmigungsfähig. Die Anlagekosten für Olivenbäume seien zudem deutlich geringer als für neue Reben.

Oliven aus Weinsberg – eine Frage des Klimas

Dass in Weinsberg künftig Olivenöl entstehen soll, verdankt er auch dem Klimawandel. „Die Bäume halten Temperaturen bis -14 Grad aus. Und wir hatten in den letzten 15 bis 20 Jahren keine Minustemperaturen mehr in diesem Bereich“, erklärt Frisch. Er rechnet mit der ersten kleinen Ernte in fünf bis sieben Jahren. Der Vollertrag werde in etwa 15 Jahren erreicht sein.

Ölmühle Erlenbach bereitet sich vor

Die geernteten Oliven sollen in der Ölmühle in Erlenbach verarbeitet werden. Betreiber Stefan Kerner ist begeistert von der Idee: „So leid es einem tut, die Kulturlandschaft Wein geht leider verloren. Aber warum soll man nicht die Möglichkeit ergreifen, so was zu machen? Deswegen finde ich die Idee eigentlich mega.“

Kerner plant, 2025 ebenfalls erste Olivenbäume zu pflanzen. Die Verarbeitung in der Ölmühle erfordert neue Maschinen – anders als bei heimischen Saaten wird bei Oliven die Frucht selbst verarbeitet. „Ich bin schon im Austausch mit Herstellern“, sagt er. Die ersten Testpressungen könnten in zwei bis drei Jahren starten, ein marktreifes Produkt erwartet Kerner in vier bis fünf Jahren. „In der Region ist mir nichts bekannt, was heimisches Olivenöl angeht. Das ist echte Pionierarbeit.“

Ein Projekt mit Ausblick

Für Winzer Hermann Frisch ist das Olivenprojekt auch ein Familienanliegen: „Meine Enkel haben beim Pflanzen mit Begeisterung geholfen.“ Und sogar seine 90-jährige ehemalige Hausärztin hat sich schon als Erntehelferin angemeldet – in fünf bis zehn Jahren.

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