Baden-Württemberg (dpa/dk) – Der 6. November geht in die Geschichtsbücher ein. Nach der Wiederwahl von Donald Trump zerbricht am Abend die Bundesregierung. Das bleibt nicht ohne Folgen für Baden-Württemberg. Hier sind die wichtigsten Punkte zur aktuellen Lage.
Die Wirtschaft im Südwesten ist zwar stark, fürchtet aber, durch die anhaltende Instabilität in Berlin geschwächt zu werden. Der Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) warnt vor negativen Folgen für die baden-württembergischen Unternehmen. Sie könnten die Unsicherheiten beim Haushalt zu spüren bekommen, wenn etwa weitere Einzelmaßnahmen aus der Wachstumsinitiative des Bundes nicht umgesetzt werden. Das sagt Präsident Christian Erbe.
Der Hauptgeschäftsführer von Südwestmetall, Oliver Barta, warnt vor einem wirtschaftspolitischen Stillstand, der nun zementiert werden könnte. Der Handelsverband Baden-Württemberg fordert dringend entlastende und fördernde Maßnahmen nach Monaten der Belastungen durch Inflation, gestiegene Energiekosten und Konsumzurückhaltung.
Neben der Ampelkrise dürfte sich auch die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten auf die Wirtschaft im Land auswirken. „Wenn der neue Präsident seine Ankündigungen wahr macht und die Zölle auf breiter Front erhöht, trifft das unsere Wirtschaft unmittelbar, unsere Kernbranchen wie Maschinenbau, Fahrzeugbau, Anlagenbau“, sagt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).
Grünen-Landtagsfraktionschef Andreas Schwarz fordert, dass der Bundeshaushalt für das kommende Jahr unter Dach und Fach gebracht wird. Es brauche Stabilität und Planungssicherheit für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen.
Welche konkreten Folgen eine Verzögerung des Bundeshaushalts für Baden-Württemberg hätte, ist noch unklar. Das bedeute erst einmal nichts für das Land, sagt Kretschmann. Der Haushalt gelte ja noch bis Ende des Jahres. Was danach passiere, müsse er erst untersuchen lassen.
Grundsätzlich dürften die bestehenden Programme des Bundes weiterlaufen, heißt es aus dem Finanzministerium. Ohne neuen Haushalt könne der Bund allerdings keine zusätzlichen Ausgaben beschließen. „Wir sind noch dabei zu prüfen, ob das finanzielle Folgen für das Land hat.“
Klar ist: In Wahlkämpfen wird zugespitzt und gestritten, das bleibt nicht ohne Folgen für die Parteien und ihr Miteinander. Mehr als ein Jahr müssen Grüne und CDU im Südwesten noch miteinander auskommen. Kretschmann will darauf achten, dass seine Regierung stabil bleibt und beide Partner kompromissfähig sind. „Ich weiß nicht, ob das Regieren nun schwieriger werde“, so Kretschmann.
Vom Berliner Ampelchaos werde man sich nicht anstecken lassen, man wolle weiter seriös und konstruktiv regieren, meint auch CDU-Chef Manuel Hagel. Er vergleicht die Ampel mit einem Rugbyspiel und gar einem Autounfall; ihr Scheitern sei eine „Erlösung“.
Klar ist aber auch: Mit dem wachsenden Selbstbewusstsein der CDU, der zunehmenden Profilierung Hagels und des startenden Schaulaufens des Spitzenkandidaten Cem Özdemir (Grüne) kann Kretschmann nicht mehr so geschmeidig durchregieren wie zu Beginn der Legislatur.
Kretschmann und Hagel pochen auf eine baldige Neuwahl im Bund. Mit vorgezogenem Urnengang erhöht sich der Abstand von Bundestags- zu Landtagswahl. Bei Landtagswahlen wird häufig über die Bundespolitik abgestimmt. Wenn CDU-Bundeschef Friedrich Merz tatsächlich Kanzler wird, könnte er mehr Zeit haben, um im Regierungsamt zu glänzen, was auch der CDU im Land Auftrieb geben könnte.
Aber Merz könnte sich auch entzaubern, wenn er in der Regierung vor Herausforderungen steht, wie der Migrationskrise, die riesig sind und nicht auf die Schnelle gelöst werden können. „Es kann sein, dass sich eine gewisse Ernüchterung breit macht, wenn sich die Union in die Niederungen der Ebene begeben muss“, sagt ein Mitglied aus dem Grünen-Lager im Südwesten.
Cem Özdemir hat mit dem Agrar- und dem Bildungsressort nun schon zwei Jobs in der Regierung, könnte sich aber bald ganz auf den anstehenden Wahlkampf im Land konzentrieren. Wenn er kein Ressort mehr hat, hat er mehr Zeit für die Menschen im Land. Als Agrarminister durchpflügte er die Höfe im Südwesten und konnte sich heimatverbunden präsentieren.
Allerdings nimmt Özdemir die Bühne bei seinen Touren durchs Land, wenn er kein Ressort mehr hat. Als Agrarminister konnte er sein Amt in Berlin rechtfertigen. Dafür muss er sich künftig nicht mehr für alles rechtfertigen, was in der Ampel schiefläuft. „Ich habe dann mehr Zeit, mich um das Land zu kümmern“, sagt ein Grüner.