Region (lea) – Nutrias sind unscheinbar, süß und werden gerne mit Bibern verwechselt. Im Gegensatz zu ihren heimischen Doppelgängern stellen die Biberratten aber eine Gefahr für das Ökosystem dar. Denn sie zerstören durch ihr Fress- und Bauverhalten den Lebensraum zahlreicher anderer Tiere. Auch Staudämme sind vor den kleinen Nagern nicht mehr sicher. Innerhalb von zehn Jahren hat sich die Zahl der Nutrias in Deutschland mehr als verdoppelt. Und die Plage scheint kein Ende zu nehmen. Deshalb sollten Nutrias nicht gefüttert werden. Aber was unterscheidet einen Biber eigentlich von einer Biberratte?
Pelzig, niedlich und im Wasser zuhause. Wer das erste Mal auf eine Nutria trifft, ist schnell versucht, sie mit einem Biber zu verwechseln. Nur, dass die Nutrias sich in den vergangenen Jahren wesentlich schneller in Deutschland und der Region ausgebreitet haben als die Eurasischen Biber, das größte Nagetier der Republik. „Die Zahl der Nutrias hat sich deutschlandweit in den letzten zehn Jahren etwa verdoppelt“, betont Peter Pramann. Der Umweltbeauftragte der Gemeinde Linkenheim-Hochstetten fügt an: „Der Bestand wächst übrigens weiterhin.“ Grund ist die hohe Reproduktionsrate der Biberratte, wie Nutrias oft genannt werden. Die Tiere vermehren sich drei bis vier Mal jährlich. In der Regel bekommen sie dabei etwa drei bis sechs Junge.
In Karlsruhe sind die Tiere vor allem in der Günther-Klotz-Anlage zu finden. Aber auch im Schlossgarten oder in der Nähe der Alb ziehen sie die Blicke von Passanten auf sich. Regelrechte Nutria-Hotspots entstehen immer in unmittelbarer Wassernähe. Und das ruft einige Probleme auf die Tagesordnung. Denn die rotbraunen Nagetiere sind eine Gefahr für das lokale Ökosystem.
Peter Pramann erklärt: „Die Tiere sind reine Vegetarier. Sie fressen aber selten Gras, sondern mehr Röhricht und Schilf. Und da können sie erhebliche Fraßschäden anrichten.“ Zudem leben Nutrias oft in Schilfnestern oder in unterirdischen Höhlen an Uferböschungen. Dadurch sind sie in der Lage, Wasserschutzdämme und den Lebensraum seltener Arten, die im Schilf leben, zu beschädigen. In gleichem Maße können die Tiere der Landwirtschaft schaden: Wurzeln, Blätter, Stängeln – das alles steht auf ihrer Speisekarte. Befindet sich eine landwirtschaftlich genutzte Fläche in der Nähe eines Nutriahabitats, knabbern die Biberratten gerne auch mal die nächste Ernte an.
Aber wie umgehen mit der Plage? „Nicht füttern“, rät Experte Pramann: „So lockt man die Tiere nur noch an und fördert sie in ihrer Zahl.“ Der Bestand kann sich dadurch nicht selbst in seiner Größe regulieren. Zudem wird die invasive Art in Deutschland gejagt. Der National Geographic schreibt von 100.000 erlegten Nutrias in der Jagdsaison 2020/21. Sie sind zwar nicht im Bundesjagdgesetz aufgeführt, aber in einigen Bundesländern herrschen Ausnahmegenehmigungen, um die Zahl zu dezimieren. So auch in Baden-Württemberg. Das heißt aber explizit nicht, dass jeder den pelzigen Gefährten an den Kragen gehen darf: „Nur der Jäger und andere Berechtigte dürfen Nutrias bejagen“, betont Pramann.
Nutrias stammen ursprünglich aus Südamerika. Dort wurden sie wegen ihres Fells auch in Pelztierfarmen gezüchtet. Als der Pelztiermarkt an Bedeutung verlor, entkamen zahlreiche Tiere. So vermehrte sich der Bestand in Europa seit dem 20. Jahrhundert rapide. In Europa und Deutschland gelten sie als etablierte invasive Art.
Ob es sich um einen Biber, eine Nutria oder ein Bisam handelt, könnt ihr anhand folgender Merkmale feststellen: Biber sind von allen drei Nagetieren die größten Gefährten. Am einfachsten erkennt der Laie ihn an seiner platten Schwanzkelle. Die Ohren sind bei Bibern weniger gut sichtbar. Nutriaohren hingegen treten deutlich aus dem Fell hervor. Außerdem haben sie hell leuchtende Barthaare, die sie klar von den anderen beiden Arten unterscheiden. Während Nutrias eher an Meerschweinchen erinnern, ähneln Bisame Mäusen am stärksten.