Walldorf: Erste Katzen von Ausgangssperre befreit

19. Juli 2022 , 09:45 Uhr

Walldorf (dpa/lsw/mt) – Die ersten Katzen sind in der Stadt Walldorf von der bundesweit einzigartigen Ausgangssperre zum Schutz seltener Vögel befreit worden. Der Rhein-Neckar-Kreis genehmigte nach eigenen Angaben zwei Anträge und prüft einen dritten. Trotz der Befreiung müssen Katzenhalter laut Allgemeinverfügung Auflagen einhalten: Jeder Freigang muss demnach mit Hilfe eines GPS-Trackers überwacht werden. Die Daten müssen wöchentlich an die Untere Naturschutzbehörde übermittelt werden. Sobald sich eine Katze im „Gefahrenbereich“ aufhält, muss die Behörde umgehend informiert werden. „Die Befreiung gilt für das Jahr 2022 und kann jederzeit widerrufen werden“, teilte ein Sprecher des Landkreises mit. Gegen die Allgemeinverfügung hatten sich die Katzenhalter gewehrt. Dem Landkreis zufolge wurden 43 Widersprüche eingelegt, die die Verwaltung derzeit prüft. Inzwischen landeten im Landratsamt auch drei Anträge zur Befreiung von der Ausgangssperre, heißt es. Zwei seien genehmigt worden, einen dritten Antrag prüft die Verwaltung.

Ausgangssperre sei nicht verhältnismäßig

Nicht nur bei den Katzenbesitzern hatte die Allgemeinverfügung für Kopfschütteln gesorgt. Auch der Bürgermeister der Stadt Walldorf Matthias Renschler (FDP) kann die Entscheidung nicht nachvollziehen: Aus seiner Sicht ist die Ausgangssperre nicht verhältnismäßig, auch wenn der Schutz der bedrohten Haubenlerche sein vollstes Verständnis findet. Renschler hofft, dass der Landkreis bessere Lösungen findet, um die kleine Haubenlerchen-Population in Walldorf zu schützen.

Walldorf nicht einziger Ort mit Brutrevier im Südwesten

Walldorf ist längst nicht der einzige Ort im Südwesten mit einem Brutrevier. Nach Angaben des Umweltministeriums existierten hiervon im vergangenen Jahr 63. Dass ausgerechnet in Walldorf die Katzen eingesperrt werden müssen, liege daran dass sich die Haubenlerchen anders als bei andern Standorten in der Nähe eines Wohngebiets aufhalten, erklärt Hans-Joachim Fischer. Im Auftrag der Stadt beschäftigt sich seine Firma seit einigen Jahren mit dem Haubenlerchen-Monitoring.

Mensch größerer Feind der Haubenlerche

Die Überlebenschance für die gefährdeten Vögel in Walldorf sind nicht so hoch. Laut Umweltministerium zeigt ein Brut-Monitoring aus dem Jahr 2021, dass jedes zweite Jungtier nicht überlebt. Hauskatzen seien dabei „ein wesentlicher Risikofaktor“. Die Naturschutzorganisation Nabu hingegen sieht im Menschen den größten Feind der Haubenlerche: Weil Flächen versiegelt oder überbaut und Pestizide eingesetzt werden, seien Haubenlerchen vom Aussterben bedroht. In den 1970er-Jahren sei die Haubenlerche noch eine in Städten und Dörfern häufige Vogelart gewesen, doch dann sei ihr Lebensraum zerstört worden, erklärt eine Sprecherin.

Geldbuße bis zu 50.000 Euro

Trotzdem sind statt dem Menschen jetzt die Katzen im Fokus der Allgemeinverfügung. Wird eine Haubenlerche von ausgebüxten Vierbeinern erwischt, droht den Haltern eine saftige Geldbuße von bis zu 50.000 Euro. Bislang hat die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises nach eigenen Angaben ein einziges Zwangsgeld in Höhe von 500 Euro wegen des Verstoßes gegen die Ausgangssperre verhängt.

Oberster Datenschützer im Land eingeschaltet

Grundlage für das Zwangsgeld sind laut Landkreis Angaben der Firma von Hans-Joachim Fischer. Die FDP im Landtag schaltete deshalb den obersten Datenschützer im Land, Stefan Brink, ein. Es stelle sich die Frage, ob eine private Firma unerlaubt umfangreiche Daten von Katzen und ihren Besitzern erstellt und gesammelt hat, so der Landtagsabgeordnete Christian Jung. „Wir sind mit der Stadt und dem Landratsamt im Gespräch und werden anschließend mit dem beauftragten Unternehmen sprechen“, teilt ein Sprecher des obersten Datenschützers mit. Hans-Joachim Fischer wollte sich zu dem Vorwurf nicht äußern.

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