Oppenau/Offenburg (dpa/lk) – Im Prozess um seine spektakuläre Flucht mit gestohlenen Polizeiwaffen im Schwarzwald hat der als „Waldläufer von Oppenau“ bekannt gewordene Angeklagte ein Geständnis abgelegt.
Er habe vier Polizisten entwaffnet und sei dann mit deren Waffen geflohen, heißt es in einem Statement, das der 32 Jahre alte Yves R. am Freitag zum Prozessauftakt vor dem Offenburger Landgericht von seinen Anwälten verlesen ließ. Er habe aber nie vorgehabt, damit jemanden zu verletzen. Ihn habe die Angst getrieben, verhaftet zu werden: „Ich bin ein freiheitsliebender Mensch“, ließ der Angeklagte erklären.
R. ist unter anderem wegen Geiselnahme und gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Im Sommer 2020 hatte seine Flucht Polizei und Öffentlichkeit tagelang in Atem gehalten. Laut Anklage hatte der damals 31-Jährige am 12. Juli bei der Kontrolle einer von ihm illegal genutzten Gartenhütte im Schwarzwaldstädtchen Oppenau vier Polizisten entwaffnet. Ihm gelang die Flucht in den Schwarzwald. Ein Großaufgebot der Polizei durchkämmte die Umgebung mit Hubschraubern, Spürhunden und Spezialkräften. Erst fünf Tage nach seinem Entkommen wurde R. unweit von Oppenau festgenommen.
R. beschrieb sich über seine Anwälte als „Outdoorfreak“. Er habe sich in einer Lebenskrise befunden und beschlossen, eine Wanderung durch Deutschland zu machen. Eine Art Probelauf habe er im Oppenauer Wald gemacht: Zunächst habe er sein Lager unter freiem Himmel aufgeschlagen, anschließend in der Gartenhütte, wo er einige Male übernachtet habe, bevor er von der Polizei kontrolliert worden sei. Bei der Kontrolle sei die Situation eskaliert, auch weil einer der vier Beamten herablassend und provozierend aufgetreten sei. „Der Tonfall war meines Erachtens völlig unangemessen“, ließ R. verkünden. Als dieser Beamte ihn habe abtasten wollen, habe er den Eindruck gewonnen, dass er verhaftet werden sollte.
Daraufhin habe er „reflexartig“ seine Schreckschusswaffe gezogen und diese auf den Beamten gerichtet. Dass alle vier Beamten daraufhin ihre Waffen abgaben und sich entfernten, habe ihn selbst überrascht, gab R. an. Mit den Waffen und etwas Ausrüstung habe er die Flucht ergriffen – aus Angst, dass die Polizisten zurückkommen und auf ihn schießen könnten. „Während der Flucht gab es keinen richtigen Plan“, verlasen seine Anwälte. Von der Dimension der Suchaktion habe R. nicht alles mitbekommen. Nach einiger Zeit sei er hungrig und dehydriert gewesen. Schließlich habe er sich nahe Oppenau einem Postboten gezeigt. Es sei ihm klar gewesen, dass dieser die Polizei verständigen werde. „Ich wollte einfach nur, dass es aufhört.“
SEK-Beamte umstellten R. schließlich in einem Gebüsch an einem Steilhang, wie auch auf einem Video von der Festnahme zu sehen ist, das vor Gericht gezeigt wurde. Aufgeben sei für ihn nicht infrage gekommen, ließ R. seine Anwälte vorlesen. Er habe gehofft, erschossen zu werden, weil er nicht ins Gefängnis habe gehen wollen. Auf den Filmaufnahmen ist zu sehen, dass daraufhin mit einem Taser auf R. geschossen wurde. R. griff nach einem Beil und schlug um sich, wobei er einen Beamten am Fuß traf. Dann wurde R. überwältigt und aus dem Gebüsch gezogen. Dass er den SEK-Beamten verletzt habe, tue ihm leid, ließ R. verlesen. Der Beamte ist nach Aussage eines als Zeuge geladenen Polizisten immer noch dienstunfähig. Ein Urteil in dem Verfahren könnte am 19. Februar fallen.
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