Schon bei der Arbeit
Doch Alshebl hat seine Arbeit im Rathaus schon vor ein paar Wochen begonnen. Den ersten Tag beschreibt er als «überwältigend». Er fühle sich sehr wohl in der Gemeinde. Zuerst wolle er die Themen Kinderbetreuung und Kommunikation angehen. Auch eine lebendige Ortsmitte stand in seinem Wahlprogramm weit oben. Das ist den Anwohnern im Dorf besonders wichtig. Denn eine lebendige Mitte fehle aktuell in der ländlich geprägten Gemeinde im Nordschwarzwald. «Wir setzen große Hoffnung in ihn und freuen uns», sagt ein 75-jähriger Rentner vor seinem Haus in Ostelsheim. Alshebl habe in seiner Zeit in Deutschland etwas geleistet.
Weltoffen und tolerant
«Wir haben Geschichte geschrieben», sagte der gebürtige Syrer am Tag nach seiner Wahl. Ostelsheim mit seinen rund 2500 Einwohnern sei zum Symbol für Weltoffenheit und Toleranz geworden. «Das ist im konservativ geprägten, ländlichen Raum nicht selbstverständlich», erklärte Alshebl damals. Mit der Wahl habe man das Gegenteil bewiesen. Alshebl war als parteiunabhängiger Kandidat angetreten – privat ist er Mitglied bei den Grünen. Er hatte sich gegen zwei weitere parteilose Kandidaten durchgesetzt.
Der Erste seiner Art
Der 29-Jährige ist wohl der erste syrische Bürgermeister im Südwesten Deutschlands. Laut Gemeindetag Baden-Württemberg gab es bisher keinen weiteren Bewerber mit syrischen Wurzeln um ein Bürgermeisteramt. Auch bundesweit ist dem «Netzwerk junge Bürgermeister*innen» kein weiterer Bürgermeister bekannt, der erst 2015 als Flüchtling nach Deutschland kam. Darüber hinaus sei Alshebl unter den 20 jüngsten, hauptamtlichen Bürgermeistern in Deutschland.
Flucht aus der Heimat
Mit 21 Jahren floh Alshebl aus seiner Heimatstadt as-Suwaida im Süden von Syrien. Dort war er aufgewachsen und zur Schule gegangen. 2015 stand er wie viele Menschen im Land vor dem Dilemma, Kriegsdienst zu leisten oder Syrien zu verlassen. Alshebl entschied sich für die Flucht – er beschreibt sie als «kalt und dunkel». Von Syrien sei er über den Libanon in die Türkei geflohen. Mit einem Schlauchboot habe er mit anderen Menschen auf die griechische Insel Lesbos übergesetzt. Nach seiner Ankunft in Deutschland ging es für ihn über Karlsruhe nach Calw. Er lernte Deutsch und wurde eingebürgert. Nach einem Praktikum im Rathaus Althengstett absolvierte er eine duale Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten – und nun ist er Bürgermeister in Ostelsheim. Eine Wohnung im Ort hat Alshebl nach eigenen Angaben schon gefunden, im September will er umziehen.