Rastatt (pm/lk) – Ein weiterer Zuwanderer aus dem Tierreich ist im Landkreis Rastatt angekommen. Auf einer Wildtierkamera im Rastatter Stadtwald war ein bislang im Landkreis unbekanntes Tier zu sehen. Die Vermutung, dass es sich dabei um einen Goldschakal handelt, wurde vom zuständigen Revierleiter und vom Wildtierbeauftragten des Landkreises zweifelsfrei bestätigt. Erst kurz vor Weihnachten war ein Goldschakal bei einem Unfall auf der B35 am Ortseingang von Bruchsal verendet.
In Mittel- und Nordeuropa waren Goldschakale nie heimisch. Sie erschließen sich nun auf eigenen Pfoten neue Lebensräume. Aufgrund seiner heimlichen und unauffälligen Lebensweise ist die Bestätigung im Rastatter Stadtwald eine kleine Sensation. Nachweise von Goldschakalen gibt es in Baden-Württemberg nur wenige. Zuletzt wurde im Dezember 2020 ein männliches Tier bei Bruchsal überfahren. Das nächstgelegene Verbreitungsgebiet mit Reproduktionsnachweisen liegt derzeit in Ungarn, Österreich und Italien. In der Wissenschaft wird unter anderem auch der Klimawandel als Grund für seine Ausbreitung in unsere Regionen diskutiert. „Wildkatze, Wolf, Luchs, Biber und nun ein Goldschakal – seltene Wildtiere fühlen sich anscheinend wohl im Landkreis Rastatt“, vermutet der Rastatter Wildtierbeauftragte Martin Hauser.
Ein Goldschakal ist etwas größer als ein Fuchs, aber deutlich kleiner als der Wolf, mit dem er verwandt ist. Er gilt nach der Bundesartenschutzverordnung als besonders geschützt und gehört nicht zu den jagdbaren Arten. Für den Menschen stellt der Goldschakal keine Gefahr dar. Bei seiner Ernährung ist er vergleichbar mit dem Fuchs und passt sich dabei gut an die Jahreszeiten, den Lebensraum und die verfügbaren Ressourcen an. Er bevorzugt leicht zu erbeutende Nahrung. Meistens stehen kleine bis mittelgroße Säugetiere auf seinem Speiseplan. Ebenso ernährt er sich von Amphibien, Insekten und Fischen. Je nach Saison nimmt er auch pflanzliche Nahrung zu sich. Er jagt meist alleine, kann aber auch gemeinsam im kleinen Familienverband auf Beutesuche gehen. Dieser besteht normalerweise aus den beiden Elterntieren und ihrem Nachwuchs, bis sich letzterer in der nächsten Saison selber Partner sucht.
Ob es sich bei dem Nachweis aus dem Rastatter Stadtwald um ein männliches oder weibliches Tier handelt, ist auf dem Bild der Wildtierkamera nicht zu erkennen. Da der Goldschakal bisher selten in Deutschland vorkommt und damit wenig über ihn bekannt ist, wird er möglicherweise bei der Analyse von Spuren, Fotofallenbildern oder Beobachtungen übersehen oder aufgrund seiner Ähnlichkeit mit dem Fuchs verwechselt.
Im Jahr 1997 wurde erstmals ein Goldschakal in Deutschland nachgewiesen. Seitdem wurden immer wieder Einzelnachweise bekannt, woraufhin die Zahl der Nachweise regelmäßig anstieg. Im Kalenderjahr 2019 wurden in Deutschland acht sichere Nachweise in vier verschiedenen Bundesländern dokumentiert. Mit dieser Entwicklung einher geht auch die Vermutung, dass mit weiteren Goldschakalen in Deutschland gerechnet wird. Bisher gibt es keine Regionen, in denen sich Goldschakalnachweise innerhalb kurzer Zeit wiederholten und auf eine längere Anwesenheit hätten hindeuten können.
Ob es sich bei den nachgewiesenen Einzeltieren allerdings um durchziehende Tiere gehandelt hat, die auf der Suche nach Artgenossen oder geeigneten Lebensräumen waren oder ob sich diese Individuen bereits länger in der Region aufgehalten haben, ist nicht bekannt. Wildtierbeauftragter Martin Hauser arbeitet in seinem Monitoring von Wolf und Luchs eng mit der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg zusammen. Dort befasst sich Felix Böcker schon seit Jahren intensiv mit dem Goldschakal. Mit Hilfe seines Artenspürhundes gelingen ihm immer wieder Losungsfunde. Bei den in Deutschland bisher genetisch identifizierten Goldschakalen wurden, ähnlich wie bei einzeln auftauchenden, zugewanderten Luchsen und Wölfen, meist männliche Tiere nachgewiesen. Im Juni 2020 wurde in Niedersachsen erstmals ein weiblicher Goldschakal dokumentiert. Die Fähe wurde bei Hannover überfahren.