Wörth am Rhein (dpa/lk) – Der Europäische Aal gilt seit längerem schon als vom Aussterben bedroht. Allein schafft er es im Rhein nicht mehr, seine Art am Leben zu erhalten – der Mensch hilft unter anderem im südpfälzischen Wörth nach.
Unter strahlendem Himmel fängt die Crew der MS Burgund an, mit einem Netz die Jungaale aus einem Container zu fischen. Die Männer sind schon startbereit auf dem Mutterschiff. Unten am Schiff wartet ein Kollege auf einem kleinen Boot, der den vollgefüllten Eimer entgegennimmt, um die Aale in den Transportbehälter zu füllen. „Also einen vollen Eimer kannst du mir noch bringen!“, ruft er seinem Kollegen auf dem Schiff zu. Zwischendurch schaut er in den Behälter, ob es den kleinen Fischen gut geht. Frank Schätzel und seine Crew sind für den Aalbesatz im Rhein zuständig. Jährlich sorgt die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd, eine Landesbehörde im südlichen Rheinland-Pfalz, dafür, dass die Aale sich im Rhein wieder finden können. Der staatliche Fischereiaufseher Schätzel hat die Aufgabe, den bestehenden Aalbestand zu verstärken und zu stabilisieren.
Laut dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland gilt der Europäische Aal derzeit als vom Aussterben bedroht. Das geht aus der Roten Liste bedrohter Tier- und Pflanzenarten hervor – auf der Deutschen Roten Liste steht er sogar als „stark gefährdet“. Seit dem Mittelalter führen Menschen so genannte Fischbesatzmaßnahmen durch. Ursprünglich hat man aus wirtschaftlichem Denken heraus gebietsfremde Arten angesiedelt. Heutzutage erfolgt die Hilfe durch den Menschen zur Erhaltung von gefährdeten Arten, wie hier beim Aal. Man vermute, dass der Aal-Bestand zurückgehe und die Tiere immer weniger im Rhein zu finden seien, sagt Schätzel: „Wir hoffen natürlich sehr, dass er nicht aus dem Rhein verschwindet.“
Für den diesjährigen Aalbesatz hat die SGD Süd für rund 90.000 Euro um die 170.000 Jungaale gekauft. „Wir kaufen die Aale von unserem Fischzüchter. Der transportiert sie morgens hier an“, erläutert der 55-Jährige. Die Jungaale werden an der Atlantikküste gefangen und rund sechs Monate in Aufzuchtstationen hochgepäppelt. „Da werden sie ordentlich gefüttert und geschaut, dass sie gesund sind“, sagt Schätzel. Erst dann geht ihre Reise weiter in die europäischen Flüsse und Seen. Auf dem Mutterschiff, der MS Burgund, werden sie nach dem Kauf in großen Fässern zwischengelagert. Wichtig ist, dass sie sich wohlfühlen. Um den jungen Aalen optimale Bedingungen zu schaffen, wird das Wasser mit Sauerstoff angereichert. „Damit auch eine Umwälzung stattfindet, pumpen wir alle zwei Stunden neues Wasser in die Fässer“, erklärt Schätzel.
Sind die Transportbehälter gefüllt, geht es mit einem kleinen Boot auf den Rhein. Dort sucht Schätzel mit seiner Crew nach einem geeigneten Lebensraum für die Jungaale. „Wir setzen sie nicht einfach in den Rhein-Strom, wo für die Aale gefährliche Tiere wie Welse und Kormorane schon drauf lauern könnten“, sagt der 55-Jährige. Deswegen fahren sie direkt an ein Ufer, wo viele aufeinander gestapelte Steinbrocken eine Art Höhlensystem anbieten. Dort haben die Jungaale die Möglichkeit, sich sehr schnell zu verstecken.
Schätzel wäre schon zufrieden, wenn mindestens ein kleiner Teil der Jungaale überlebt. „Wenn rund zwei Prozent in der Sargassosee, also dem Meeresgebiet im Atlantik, ankommen, in den knapp sieben Jahren, die der Aal hier im Rheinsystem lebt, dann ist das schon ein Erfolg“, sagt der Aalexperte. Für Schätzel spielen verschiedene Faktoren, wie die Sterblichkeitsrate, eine Rolle. Gerade wenn der Aal durch die Kraftwerke müsse – aber auch natürliche Angreifer wie der Wels oder Kormoran spielen eine Rolle. Die lange Reise macht es dem Aal immer schwieriger, auf natürlichem Wege nach Europa zurückzukommen – auch durch Kraftwerke. „Wenn der Aal da in die Turbine kommt, kann der nicht überleben“, sagt Schätzel. In Europa gilt der Aal vor allem auch als Delikatesse. Deswegen wird er an der Küste schon abgefischt.