Angesichts der steigenden Mietpreise und der aktuellen Niedrigzinszeiten träumen immer mehr Menschen vom Eigenheim, sei es in Form einer Eigentumswohnung oder sogar als freistehendes Haus. Pforzheim gilt für solche Vorhaben noch als vergleichsweise günstiger Immobilienmarkt. Hier liegen die durchschnittlichen Mieten bei „nur“ 8,70 Euro pro Quadratmeter und auch bei den Kaufpreisen liegt Pforzheim mit im Durchschnitt 390.417 Euro für ein freistehendes Einfamilienhaus weit unter dem Wert anderer Städte wie Stuttgart mit 905.000 Euro, zitieren die Stuttgarter Nachrichten den IVD. Noch ist es für Interessenten also attraktiv, über einen Immobilienkauf in Pforzheim nachzudenken, doch auch hier gehen die Kaufpreise immer weiter in die Höhe. Zudem ist nicht absehbar, ob und in welchem Ausmaß die Niedrigzinsphase bald ein Ende findet. Deswegen ist es für viele Käufer verlockend, noch so schnell wie möglich zuzuschlagen – quasi bevor es zu spät, sprich unbezahlbar ist.
Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital?
In der Regel wird eine Immobilie mit einer Mischung aus Eigen- und Fremdkapital, beispielsweise in Form von einem Bauspardarlehen oder Bankkredit, finanziert. Mindestens 20 bis 30 Prozent Eigenkapital sollten die Käufer dafür mitbringen, heißt eine Faustregel – welche jedoch angesichts der aktuell so niedrigen Zinsen von vielen Käufern unterschritten wird. 30 Prozent, das wären bei dem durchschnittlichen Kaufpreis für ein freistehendes Haus in Pforzheim schließlich über 100.000 Euro zuzüglich Kaufnebenkosten. Das können sich nur die wenigsten und in der Regel ältere Personen leisten. Aus diesem Grund verabschieden sich viele, vor allem jüngere, Menschen vorschnell wieder von ihrem Traum vom Eigenheim. Tatsächlich ist nämlich auch eine Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital möglich.
Im Fachjargon wird das als Vollfinanzierung bezeichnet. In der Praxis war das Modell jedoch lange Zeit nur äußerst selten anzutreffen. Dies hat sich nun quasi aus der Not heraus geändert, denn viele Menschen möchten die noch niedrigen Kaufpreise sowie die Niedrigzinsphase nutzen, obwohl sie noch nicht ausreichend oder überhaupt kein Eigenkapital angespart haben. Die Immobilie wird also komplett aus Krediten, sprich aus Fremdkapital finanziert. Aber wie funktioniert das Modell?
Vollfinanzierung ist nicht immer möglich
Aus Sicht der Käufer klingt die Vollfinanzierung natürlich verlockend. Plötzlich können sie sich den Traum von der eigenen Immobilie erfüllen, obwohl dieser bislang in unerreichbarer Ferne schien. Ganz so einfach ist das in der Praxis aber nicht. Die Vollfinanzierung bedeutet für die Banken ein großes Risiko. Es muss schließlich einen Grund für das (noch) fehlende Eigenkapital geben und dieser liegt entweder in einem geringfügigen Einkommen, in dem noch jungen Alter der Käufer oder einem schlechten Umgang mit Geld, sodass diese schlichtweg nicht genug sparen. Wer jedoch eine Immobilie erwerben möchte, muss fortan einen fixen Betrag pro Monat an die Bank zurückzahlen – und dieser ist gerade bei einer Vollfinanzierung vergleichsweise hoch. Wer schließlich nicht schon 100.000 Euro anzahlen kann, muss diese ebenfalls monatlich abstottern, wodurch die Raten deutlich steigen. Wer hierfür nicht das ausreichend hohe Einkommen hat oder nicht gut genug mit Geld umgehen kann, auf den lauert schnell die Schuldenfalle und die Bank geht am Ende leer aus.
Klar, dass sie das um jeden Preis verhindern möchte. Aus diesem Grund ist eine Vollfinanzierung bei vielen Instituten nur möglich, wenn die Käufer entsprechende Sicherheiten vorweisen können. Die Kreditnehmer müssen somit entweder überdurchschnittlich einkommensstark sein oder bereits über Vermögen wie eine andere Immobilie verfügen. Als Grundregel gilt: Je höher der Wert der Vollfinanzierung, umso mehr Sicherheiten müssen die Käufer vorweisen können, schließlich steigt damit auch die monatliche Tilgungsbelastung für den Schuldner. Zwar wird bei der Vollfinanzierung auch eine Bonitätsprüfung vorgenommen, jedoch reicht deren Bestehen oftmals trotzdem noch nicht für den Immobilien- oder Baukredit aus. Stattdessen müssen die Bewerber zudem Einkommensnachweise oder Nachweise über ihr (gebundenes) Vermögen wie Aktien, Immobilien & Co vorlegen. Kategorisch ausgeschlossen sind hingegen oft Arbeitslose sowie Menschen mit befristetem Arbeitsvertrag. Schlussendlich ist es stets eine Einzelfallentscheidung, ob die Bank der Vollfinanzierung zustimmt oder nicht.
Welche Sicherheiten kommen in Frage?
Wer sich also für den Immobilienkauf ohne Eigenkapital interessiert, für den können verschiedene „dingliche“ oder „persönliche“ Sicherheiten bei der Bewerbung hilfreich sein. Zu Ersteren zählen beispielsweise Hypotheken oder eine Grundschuld. Persönliche Sicherheiten sind hingegen Bürgschaften (beispielsweise von den vermögenden Eltern) oder Lebens- beziehungsweise Rentenversicherungsverträge.
Wie hoch ist das Risiko einer Vollfinanzierung wirklich?
Auch, wenn die Vollfinanzierung für viele Menschen erst einmal verlockend klingt, sollte diese Option mit Vernunft geprüft werden. Wie bereits erwähnt, steigen durch das fehlende Eigenkapital nämlich die Kreditsummen und somit auch die monatlichen Raten für die Käufer. Sie müssen also jeden Monat vergleichsweise hohe Kosten decken, sollten dabei aber niemals mehr als 40 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens des Haushalts für die Kredittilgung ausgeben. Als Faustformel für die mögliche Darlehenshöhe gilt: monatliches Nettoeinkommen x 110. Gerade bei Geringverdienern reicht die maximale Darlehenshöhe einer Vollfinanzierung also oft nicht für die Wunschimmobilie aus. Ansonsten laufen sie Gefahr, ihre Liquidität vollständig einzubüßen und somit früher oder später in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten. Zudem würde die Bank einen solchen Antrag mit hoher Wahrscheinlichkeit ohnehin ablehnen, da das Ausfallrisiko des Kreditnehmers schlichtweg zu hoch wäre.
Wie lässt sich dieses Risiko senken?
Wer hingegen über ein ausreichend hohes Einkommen verfügt und nur noch nicht genügend Zeit hatte, um Eigenkapital anzusparen – beispielsweise aufgrund des noch jungen Lebensalters – für den kommt eine Vollfinanzierung durchaus in Frage. Dennoch sollte diese „richtig“ geplant sowie umgesetzt werden, um das Risiko für beide Parteien auf ein Minimum zu senken. Einerseits können neben dem Bankkredit vielleicht weitere Gelder aufgetrieben werden, beispielsweise Fördergelder für eine Altbausanierung oder das Anrechnen von Eigenleistungen, um die Kreditsumme möglichst gering zu halten und damit auch die monatlichen Raten zu minimieren.
Andererseits sollte unbedingt entweder eine Zinsbindung oder Restschuldversicherung vereinbart werden. Dies verteuert den Kredit zwar meist deutlich, jedoch haben Vollfinanzierungen häufig sehr lange Laufzeiten von bis zu 30 Jahren und nur durch solche Maßnahmen bleibt das Vorhaben kalkulierbar. Ansonsten könnte die Schuldenfalle spätestens dann zuschnappen, wenn die Niedrigzinszeiten zu Ende gehen und die Zinsen somit wieder steigen. Sinnvoll ist es zudem, die Möglichkeit zu Sondertilgungen in den Kreditvertrag mit aufzunehmen, um auch in Zukunft finanziell flexibel zu bleiben und die Kreditkosten bei einer Verbesserung der finanziellen Situation deutlich verringern zu können.
Vor- und Nachteile einer Vollfinanzierung ohne Eigenkapital
Der wohl größte Vorteil einer Vollfinanzierung liegt auf der Hand: Mit Fremdkapital in Höhe von 100, 105 oder auch 110 Prozent wird es vielen Menschen möglich, sich endlich den Traum von der eigenen Immobilie zu erfüllen und somit die Kauf- sowie Kaufnebenkosten zu decken, obwohl sie über kein Eigenkapital verfügen. Sie müssen also nicht erst viele Jahre warten, um zu sparen oder in einen Bausparvertrag einzuzahlen – denn bis dahin sind die Kaufpreise sowie Zinssätze vermutlich deutlich gestiegen. Sie können die Gunst der Stunde nutzen, auch ohne Ersparnisse. Sie haben dafür die Wahl aus einem Annuitäten- oder einem Festdarlehen und können von Zusätzen wie Sondertilgungen oder einer Restschuldversicherung profitieren.
All das hat aber auch seinen Preis. Durch die höhere Kreditsumme steigen auch die monatlichen Raten sowie die Laufzeiten für eine Vollfinanzierung. Wer ohne Eigenkapital eine Immobilie erwerben oder bauen möchte, muss somit über ein überdurchschnittliches Einkommen oder weitere Sicherheiten verfügen – und genau daran mangelt es vielen, vor allem jungen, Interessenten. Wer also nicht ein ausreichend hohes Einkommen mitbringt, verspielt mit der Vollfinanzierung seine gesamte Liquidität und setzt sich damit einem hohen Risiko aus. Auch für die Banken ist der Immobilienkredit ohne Eigenkapital ein vergleichsweise großes Risiko, weshalb der Bewilligungsprozess weit über eine Bonitätsprüfung hinausgeht. Für die Interessenten ist es also gar nicht so einfach, eine Vollfinanzierung zu ergattern.
Fazit: Immobilienkauf ohne Eigenkapital liegt im Trend
Dennoch erfreut sich das Modell nicht nur in Deutschland steigender Beliebtheit und ist in vielen anderen Ländern bereits lange Zeit gang und gäbe. Die Vollfinanzierung ist schließlich die oftmals einzige Möglichkeit, schon in jungen Jahren eine Immobilie zu erwerben und sich dadurch frühzeitig Wohlstand aufzubauen – gerade in Zeiten der unsicheren Rente. Wer also über ein ausreichend hohes Einkommen oder entsprechende Sicherheiten verfügt, für den ist das Modell durchaus eine Überlegung wert.
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