Weinsberg/Mulhouse (dpa/lk) – Endstation Mulhouse: Ausbrecher aus einer Psychiatrie in Weinsberg halten die Justiz über Wochen in Atem. Nun wurde der letzte von vier Männern geschnappt.
Ende einer langen Flucht: Mehr als fünf Wochen nach dem Ausbruch aus einer Psychiatrie in Weinsberg ist der letzte von vier Ausbrechern geschnappt worden. Wie die Heilbronner Polizei am Sonntag mitteilte, wurde der 24-Jährige am Vortag im französischen Mulhouse festgenommen. Die Festnahme gelang durch eine „gute internationale justizielle und polizeiliche Zusammenarbeit“, hieß es. Nach Auskunft der französischen Polizei hat der Weinsberger Ausbrecher mit einem Komplizen vor der Festnahme einen 18-jährigen Kellner, der draußen eine Pause machte, mit einem Messer angegriffen. Die beiden Männer sollen versucht haben, die Tasche des Mannes zu rauben. Doch der junge Mann habe sich gewehrt. Da habe der 24-Jährige zugestochen. Der 18-Jährige sei schwer verletzt worden, schwebe aber nicht in Lebensgefahr. Die beiden Männer hätten die Tat zugegeben. Die Staatsanwaltschaft leitete Untersuchungen ein.
Die teils als gefährlich geltenden Männer waren am 22. September aus einer geschlossenen Station des Klinikums am Weissenhof in Weinsberg geflüchtet. Sie sollen in einem der oberen Stockwerke der Klinik ein Fenster hinausgedrückt und sich danach abgeseilt haben. Ein 37-Jähriger war schon einen Tag später in Mannheim festgenommen worden. Zwei weitere Männer im Alter von 28 und 36 Jahren wurden am 13. Oktober nach einer Flucht quer durch Europa in Barcelona geschnappt. Sie waren mit Hilfe von Zielfahndern des Landeskriminalamts verfolgt und ausfindig gemacht worden. Kurz nach dem spektakulären Ausbruch des Quartetts flüchtete ein weiterer Mann aus der Psychiatrie Weinsberg. Der 40-Jährige, der noch flüchtig ist, war allerdings auf der offenen Station. Nach den Ermittlungen der Polizei haben die beiden Fälle keinen Zusammenhang.
Patienten flüchten immer wieder aus Psychiatrien. Im vergangenen Jahr gab es in Baden-Württemberg nach früheren Angaben des Gesundheitsministeriums 47 solcher Fälle bei 1.252 Patienten landesweit. In Weinsberg habe es aber seit 2005 keinen Ausbruch mehr aus dem gesicherten Bereich gegeben. Die Klinik am Weissenhof in Weinsberg ist ein akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Heidelberg. Es ist der Aufsicht des Landes unterstellt und bietet psychiatrische, psychotherapeutische und psychosomatische Behandlung und Betreuung psychisch kranker Menschen in der Region Heilbronn an. Die Ausbrüche der Straftäter hatten für Kritik gesorgt. In psychiatrischen Kliniken gibt es aus Sicht des Kriminologen Christian Pfeiffer oft keine professionellen Sicherheitsmechanismen. Auch die SPD bemängelte fehlende Sicherheitsvorkehrungen. Die Ausbrüche trügen nicht zum Sicherheitsgefühl der Menschen bei.