Karlsruhe/Landau (dpa/lk) – Radwege, ein ÖPNV-Konzept und eine bessere Anbindung des Autoverkehrs: Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) wirbt im Streit um die zweite Rheinbrücke bei Karlsruhe für eine nachhaltige Lösung. Derzeit verhandelt der Verwaltungsgerichtshof Mannheim im Karlsruher Bürgerzentrum Süd über die beiden Klagen des BUND und der Stadt Karlsruhe gegen die zweite Rheinbrücke.
Im jahrelangen Streit um die zweite Rheinbrücke bei Karlsruhe wirbt Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann für eine nachhaltige Lösung. „Aus meiner Sicht steht einem erfolgreichen Vergleich nichts im Wege“, sagte er in Stuttgart. Er ist zuversichtlich, dass man für die neue Brücke zwischen dem rheinland-pfälzischen Wörth und Karlsruhe eine in die Zukunft gerichtete Lösung finden kann. Eine neue Autobrücke ohne Radwege geht aus Sicht des Ministers gar nicht: „Auf die Brücke muss auch der Radverkehr.“ Man müsse bei einem solchen Projekt, das über 100 Jahre stehen werde, „weit in die Zukunft hineindenken“.
Hermann betonte: „Ich hatte immer Verständnis für die Argumente der Stadt Karlsruhe.“ Man könne nicht ein Verkehrsproblem lösen und neue Probleme schaffen. Als Verkehrsminister Baden-Württembergs sei er als Auftragsverwalter des Bundes aber immer etwas zwischen den Interessen des Bundes und des Landes Rheinland-Pfalz auf der einen Seite und der Stadt Karlsruhe und Naturschützern auf der anderen Seite gestanden. Er sei zuversichtlich, dass man für die neue Brücke eine ganzheitliche Lösung finden könne, die neben der Einbindung des Radverkehrs und einem neuen ÖPNV-Konzept auch eine bessere Anbindung an die B 36 vorsieht. Das Land ist Hermann zufolge bereit, eine Machbarkeitsstudie zum ÖPNV in Auftrag zu geben, die prüfen soll, was mit der vorhandenen Infrastruktur noch geht. Ziel sei es, dass die neue Brücke für Karlsruhe so schonend wie möglich werde. „Wir sind bereit, alles zu machen, was geht.“
Mit Formalien und einem flammenden Plädoyer von Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup gegen die jetzigen Planungen hat am Mittwoch in Karlsruhe die bis Freitag angesetzte mündliche Verhandlung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zur zweiten Rheinbrücke begonnen. Weil die VGH-Richter mit einem großen Andrang gerechnet hatten, waren sie wegen der Corona-Krise vom Mannheimer Gerichtssaal in das Karlsruher Bürgerzentrum Süd umgezogen. Gekommen waren dann aber mehr Verfahrensbeteiligte als Zuschauer. Aus Sicht Mentrups ist die jetzige Planung Ergebnis eines „relativ vermurksten“ politischen und planerischen Prozesses. Die Trasse sei für Rheinland-Pfalz optimal, sie nehme die Zerstörung wichtiger Biotope in Kauf und sei eine Verkehrsplanung des letzten Jahrhunderts. „Die Verliererinnen und Verlierer sind die Einwohner der Stadt Karlsruhe.“
Gegen die zweite Rheinbrücke hat neben der Stadt auch der Landesverband Baden-Württemberg des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) geklagt. Die Umweltschützer fürchten um Schutzgebiete und seltene Tierarten in den Rheinauen. Regionalgeschäftsführer Hartmut Weinrebe meinte: „Verkehrlich ist die Planung ein Murks.“
Die bestehende Rheinbrücke wurde 1966 eröffnet und ist inzwischen heillos überlastet. Ursprünglich wurde sie für bis zu 32.000 Fahrzeuge pro Tag geplant. Zuletzt wurde sie täglich von rund 80.000 Fahrzeugen genutzt. Die neue Brücke soll etwa 1,4 Kilometer entfernt von der alten entstehen und nach Angaben des Regierungspräsidiums Karlsruhe etwa 107 Millionen Euro kosten. Bezahlt werden soll sie vom Bund. Wegen der neuen Brücke gibt es seit Jahren hitzige Debatten, erheblichen Widerstand und diverse juristische Auseinandersetzungen. Im Jahr 2015 hatte der Bundesrechnungshof die Brücke als unwirtschaftlich kritisiert. Im vergangenen November war eine Klage des BUND vor dem Oberverwaltungsgericht Koblenz weitgehend gescheitert. Eine Revision wurde seinerzeit nicht zugelassen, eine Beschwerde dagegen liegt beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Vor dem VGH Baden-Württemberg wird nun gegen den Planfeststellungsbeschluss auf der baden-württembergischen Rheinseite geklagt.
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