Karlsruhe (dpa/lsw) – Verzweiflungstat oder doch genau geplant – im Prozess um die Geiselnahme in einer Karlsruher Apotheke soll heute das Urteil gegen den 21 Jahre alten Angeklagten gesprochen werden. Ein erster Termin zur Urteilsverkündung musste wegen Krankheit verschoben werden.
Geiselnahme in Apotheke
Der Mann steht seit Anfang Februar vor dem Landgericht Karlsruhe, weil er im März vergangenen Jahres mit vorgehaltener Schreckschusswaffe zwei Kundinnen und eine Mitarbeiterin in seine Gewalt gebracht und sieben Millionen Euro Lösegeld gefordert hatte. Die Tat hatte er gestanden und geltend gemacht, dass es ihm nie um das Geld, sondern um Kontakt zu seiner Ex-Freundin gegangen sei. Während der stundenlangen Verhandlungen mit der Polizei am Abend der Tat hatte er unter anderem verlangt, mit der jungen Frau sprechen zu dürfen.
„Betrunken und bekifft“ oder „zielstrebig und brutal“
Der wegen Gewaltdelikten einschlägig vorbestrafte Mann hatte ausführlich zur Sache ausgesagt und sich darauf berufen, betrunken und bekifft gewesen zu sein. Laut Staatsanwaltschaft aber war er zielstrebig und brutal vorgegangen und hatte die Tat mindestens einen Tag zuvor geplant. Von seinem ursprünglichen Vorhaben, eine Bankfiliale zu überfallen, war er eigenen Worten zufolge spontan abgerückt und hatte dann eher zufällig die an dem Samstagnachmittag noch geöffnete Apotheke ausgewählt. Dort schoss er sofort in Richtung Theke und nahm drei Geiseln. Eine konnte kurze Zeit später fliehen. Weitere acht Mitarbeiter konnten sich unbemerkt in anderen Räumen verstecken.
Prozess vor Jugendkammer
Die Polizei stürmte die Apotheke nach etwa fünf Stunden Verhandlung und nahm den Mann fest. Verletzt wurde niemand. Einige der Opfer sind jedoch bis heute arbeitsunfähig. Der Mann hatte sich für die Tat entschuldigt. Angeklagt ist er wegen erpresserischen Menschenraubs mit Geiselnahme und Freiheitsberaubung sowie versuchter, besonders schwerer räuberischer Erpressung. Auch wird ihm unerlaubter Waffenbesitz zur Last gelegt.
Der Prozess wird vor der Jugendkammer des Landgerichts geführt, da der Angeklagte zum Zeitpunkt der Tat erst 20 Jahre alt war. Zu seinen persönlichen Verhältnissen ist nichts bekannt. Die Öffentlichkeit war zum Prozessauftakt für die Vernehmung zu seiner Person ausgeschlossen worden. Ob er nach Jugendstrafrecht oder nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt wird, hängt von der Einschätzung der Richter ab. (Az.: 7 KLs 331 Js 11431/23)