Karlsruhe (mt) – Da die Corona-Infektionszahlen weiter steigen, gibt es auch in dieser Woche keine Entlastung für das Städtische Klinikum in Karlsruhe. Inzwischen sind alle für Corona-Patienten reservierten Betten gefüllt, weswegen die Bettenzahl aufgestockt werden musste. Dennoch sieht Martin Bentz, der Klinikdirektor der Medizinischen Klinik III, einen Lichtblick im immer größer werdenden Impffortschritt.
„Die Geschwindigkeit der Impfung wächst im Moment genauso wie die Infektionsrate zu schlechteren Zeiten. Es ist ja im Moment eher ein exponentielles Wachstum beim Impfen“, so Bentz im Gespräch mit der neuen welle. Positiv sei außerdem, dass wegen der Impfungen die Infektionen sowohl bei den Mitarbeitern im Gesundheitswesen als auch bei Menschen über 80 weniger werden. Dennoch überschattet die aktuelle Situation die Freude über den Impffortschritt: „Am meisten Sorgen bereitet mir der erhöhte Intensivbedarf. Es bereitet mir Sorge, dass natürlich erkennbar ist, dass eine gewisse Müdigkeit da ist, in allen Bereichen der Gesellschaft irgendwelche Auflagen noch einzuhalten. Dafür zu sorgen, dass im eigenen Umfeld die Inzidenz niedrig bleibt. Da ist für uns als Ärzte an Kliniken schon die große Sorge da, dass wir irgendwann, was die Versorgung unserer Patienten angeht, wieder in eine Art Katastrophenmodus umschalten müssen. Wie ganz am Anfang der Pandemie, wo wir noch gar nicht mit der Krankheit umgehen konnten.“
Alle bisher für Corona-Patienten reservierten Betten sind belegt. Deswegen musste das Klinikum seine Ressourcen umverteilen, um weitere Betten für das kommende Wochenende zu ermöglichen: „Die große Herausforderung ist es, es zu machen, ohne dass die Intensivbetten für andere Patienten reduziert werden müssen. Der Bedarf ist da. Sie müssen sich vorstellen, dass wir jetzt seit einem Jahr mit etwa 20 – 25 Prozent weniger Intensivbetten zurechtkommen müssen oder zumindest seit dem Winter. Und dass wir da nicht weiter runtergehen können für die vielen Patienten, die kein Covid haben“, erklärt der Klinikdirektor.
Corona hat nicht nur einen großen Einfluss auf die Lage der Intensivstation des Städtischen Klinikums. Auch in der psychiatrischen Klinik hinterlässt die Pandemie ihre Spuren. Dabei betrifft das nicht die Nachfrage nach einer psychiatrischen Behandlung an sich. Die sei meistens laut Michael Berner, dem Direktor der Klinik für Psychiatrie und psychotherapeutischen Medizin in der Gesellschaft durchgängig sehr hoch: „Die Nachfrage hat sich ein bisschen verschoben“, erklärt der Mediziner, „Wir haben mehr Schwerkranke, mehr Menschen mit sehr komplexen Problemfragestellungen bei uns.“ Dafür kämen weniger Patienten zum ersten Mal in die Klinik, so der Berner. Und das, obwohl gerade diejenigen eine Behandlung dringen brauchen würden: „Weil sie mit schweren Depressionen zu Hause sitzen, keine Hilfe in Anspruch nehmen. Das merken wir dann in unseren ambulanten Behandlungen, dass wir oft sehr viele Patienten haben, die sich nur ganz schwer und viel später als sonst zu uns trauen, die Hilfe in Anspruch zu nehmen. Beispielsweise mit Problemen in Suizidalität“, führt der Direktor weiter aus.
Der schwierige Alltag außerhalb der Klinik für Psychiatrie hilft es den Ärzten auch nicht, die Patienten gut zu entlasten und sie wieder ins Leben zu entlassen: „Vieles, was man dazu braucht, Kontakte, neue Dinge machen, sich Dinge gönnen, fällt eben jetzt gerade corona-pandemiebedingt weg. Deshalb fragen manchmal unsere Patienten: ‚In welches Leben soll ich eigentlich zurückgehen?'“, erzählt Berner. Der Mediziner hat aber auch eine gute Nachricht: „Wir können alle Krise. Der Mensch ist eigentlich grundsätzlich dazu gemacht, Krise zu bewältigen. Ich persönlich glaube auch, dass wenn wir wieder etwas mehr Freiheit bekommen werden, wenn wir wieder mehr draußen sein können, sich alles schon wieder besser anfühlen wird.“ Der Direktor hat auch einen Ratschlag, wie Sie psychisch ein kleines bisschen gesünder durch die frustrierende Krise kommen: „Dieser saloppe Spruch ‚carpe diem‘. Nutzen Sie das schöne Wetter, den Moment und Augenblick des Schönem. Was machbar ist, gerade nutzen und nicht auf das fokussieren, was gerade nicht geht. Wichtig ist zu wissen, das alles wird vorbei gehen und da bin ich fest davon überzeugt, dass es vorbeigehen wird – als Mediziner und Wissenschaftler.“ Wichtig für den Menschen seien außerdem die Beziehungen. Sie sollten ihre zu den Freunden, der Familie oder zu Personen, denen sie sich nahe fühlen, laut Berner weiter pflegen: „Selbst, wenn es dann über Zoom oder sonst was ist, Nähe geht auch online!“