Region (pm/bo) Das leidige Thema „Streik mit Flugausfällen“ will kein Ende nehmen. Jetzt zur Ferienzeit haben viele Mitarbeiter der Fluggesellschaft Ryanair ihre Arbeit niedergelegt. Viele Urlauber ärgern sich nun über Flugausfälle. Offenbar möchte die Fluggesellschaft aber keine Entschädigungen auszahlen. Das sei allerdings ihre Pflicht, erklärt Christian Nielsen, Chef der Rechtsabteilung von AirHelp.
Ryanair will seine Passagiere nicht für die massiven Flugausfälle und -verspätungen aufgrund des Bordpersonal-Streiks entschädigen. Das geht aus einem Bericht der britischen Zeitung “The Independent” hervor. Dabei entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) im April 2018, dass selbst ein unrechtmäßiger Streik keinen außergewöhnlichen Umstand darstellt, der die Airline von ihrer Pflicht befreit, finanzielle Entschädigungen zu zahlen. Christian Nielsen, Chef der Rechtsabteilung des weltweit führenden Fluggasthelfer-Portals, AirHelp, nimmt Ryanair in die Pflicht und erklärt die Rechtslage.
„Bis zu diesem Jahr galten Streiks jeder Art als außergewöhnlicher Umstand, der die Airlines von ihrer Pflicht befreit, Entschädigung an ihre Passagiere zu zahlen“, erklärt Nielsen. „Im April urteilte der Europäische Gerichtshof jedoch, dass selbst ein unrechtmäßiger Streik keinen außergewöhnlichen Umstand darstellt.“ Aus diesem Grund müssten Fluggesellschaften ihre Passagiere mit bis zu 600 Euro pro Person entschädigen, wenn diese aufgrund eines Streiks des Airline-Personals von Flugverspätungen oder -ausfällen betroffen waren. Diese Entscheidung habe das europäische Fluggastrecht in erheblichem Maße gestärkt.
Laut Nielsen sei die Entscheidung des EuGH sei für alle europäischen Gerichte verbindlich. Dennoch hat Ryanair nun erklärt, dass die Billigfluggesellschaft ihre Passagiere nicht für die aktuellen Flugprobleme aufgrund der Streiks ihres Personals entschädigen werde. „Das ist in mehrfacher Hinsicht inakzeptabel“, erklärt der Chef der Rechtsabteilung. „Erstens, weil Passagiere für die Unannehmlichkeit entschädigt werden sollten, die eine AIrline oder dessen Mitarbeiter verursachen. Und zweitens, weil sich Ryanair nicht über das Gesetz stellen darf.“ Die EU-Passagierrechte seien für jeden bindend und könnten nicht nach eigenem Belieben ausgelegt werden
Flugausfälle und -verspätungen können zu Entschädigungszahlungen in Höhe von bis zu 600 Euro pro Fluggast berechtigen. Die Höhe der Entschädigungszahlung berechnet sich aus der Länge der Flugstrecke. Der rechtmäßige Entschädigungsanspruch ist abhängig von der tatsächlichen Verspätungsdauer am Ankunftsort sowie dem Grund für den ausgefallenen oder verspäteten Flug.Betroffene Passagiere können ihren Entschädigungsanspruch rückwirkend durchsetzen, bis zu drei Jahre nach ihrem Flugtermin.
Außergewöhnliche Umstände wie Unwetter oder medizinische Notfälle können bewirken, dass die ausführende Airline von der Kompensationspflicht befreit wird.