Stuttgart/Karlsruhe (dpa/lk) – Kein Schaufensterbummel, nur zielgerichtet einkaufen – diese Parole hatte Ministerpräsident Kretschmann vor dem Wochenende ausgegeben. Manche Fußgängerzone war dann aber rappelvoll. Die Innenstädte in Karlsruhe, Pforzheim und Baden-Baden waren gut frequentiert. Viele Menschen im Südwesten wollten offenbar noch schnell ihre Weihnachtsgeschenke vor dem harten Lockdown ab Mittwoch besorgen.
Von den seit Samstag landesweit gültigen Ausgangsbeschränkungen ist am dritten Adventswochenende – zumindest tagsüber – in vielen Innenstädten nichts zu sehen gewesen. Mit Blick auf die Schließung des Handels zogen unzählige Menschen los, um Weihnachtsgeschenke zu kaufen. „Das sind reine Panikkäufe“, sagte die Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg, Sabine Hagmann, am Sonntag. Wegen Ausnahmen in den neuen Regularien und weil der Handel noch öffnen darf, ist das prinzipiell auch erlaubt. Nachts werden die neuen Corona-Regeln gut eingehalten.
Die Schließung des Einzelhandels ab Mittwoch sei kurz vor Weihnachten eine schlimme Nachricht auch für die Beschäftigten, machte die Hauptgeschäftsführerin deutlich. Die Menschen müssten mitunter in Kurzarbeit, verlören einen Teil ihres Einkommens oder gar den Job. Sie habe Verständnis, dass die Politik wenig Erfahrung im Umgang mit einer Pandemie habe und im Zweifel zügig handeln müsse, so Hagmann. Aber wochenlang hätten Politiker einen Lockdown quasi ausgeschlossen. Die Schäden, die jetzt entstehen könnten, bedeuten aus ihrer Sicht für manche Händler das Aus. „Das ist irreparabel, wie da mitten im Weihnachtsgeschäft eingegriffen wird.“
Die Karlsruher Polizei meldete am Samstag zwar einen deutlichen Rückgang der Besucherzahlen in der Karlsruher Innenstadt. Grund dafür waren wohl sowohl das regnerische Wetter, als auch die in Kraft getretenen Ausgangsbeschränkungen. Allerdings bildeten sich vor dem ECE-Center zeitweilig Warteschlangen. Deutlich weniger los war auf dem Markt- oder Friedrichsplatz. Dort war der Alkoholausschank gestoppt worden, ein Glühweinstand war bereits wieder abgebaut worden. Die Stände auf dem Stephansplatz waren kaum frequentiert.
Auch an der Schwarzwaldhochstraße hielt sich das Besucheraufkommen in Grenzen, teilte die Offenburger Polizei mit. Dort hatte es vergangenes Wochenende aufgrund von zahlreichen Schnee-Ausflüglern ein Verkehrschaos gegeben. Viele Menschen hatten sich nicht an das geltende Abstandsgebot gehalten. Um Gedränge zu vermeiden hatte es auch hier keine Glühweinstände mehr gegeben. Nach einem Ansturm von Ausflüglern war am Sonntag die Zufahrt zum Berg Kandel im Mittleren Schwarzwald beschränkt worden. Die Landstraße von Waldkirch wurde ebenfalls für Autos gesperrt. Auch die Gemeinde Oberried im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald hatte die Zufahrt zum Stollenbach gesperrt. Und auf dem Feldberg war es trotz vieler Besucher ein relativ ruhiges Wochenende, meldete der Leiter der Bergrettungswache.
In der Landeshauptstadt Stuttgart und in Reutlingen waren die Innenstädte rappelvoll. Klopapier, Zitronat und Puderzucker beispielsweise seien hier und da ausverkauft gewesen. „Das kommt auch wieder“, beruhigte Hagmann. „Da braucht man sich keine Sorgen machen.“ Nach Angaben der Polizei waren am Samstagabend gegen 21:30 Uhr in der Stuttgarter Innenstadt dann aber nur noch wenige Fußgänger unterwegs. Auch der Verkehr auf den Straßen hatte im Laufe des Abends stark nachgelassen und in Bussen und Bahnen waren nur noch wenige Fahrgäste unterwegs. Ähnliches berichteten die Mannheimer Kollegen.
Innenminister Thoma Strobl rief die Menschen auf, sich an die neuen Regeln zu halten. Die Polizei werde die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie landesweit kontrollieren. „Zunächst gilt es, den Menschen mit Augenmaß die neuen Regeln nahe zu bringen“, sagte der CDU-Politiker. „Die Polizei wird mit Fingerspitzengefühl und auch der erforderlichen Konsequenz die Einhaltung überwachen, insbesondere der nächtlichen Ausgangsbeschränkungen in ganz Baden-Württemberg.“ Strobl warnte davor, sich über die Ausgangsbeschränkung am Abend und in der Nacht hinwegzusetzen: „Wer nach 20:00 Uhr unterwegs ist, zu Fuß oder mit dem Rad, motorisiert oder im ÖPNV, sollte einen guten Grund haben, der von der neuen Corona-Verordnung gedeckt ist. Wer sich dann ohne triftigen Grund in der Öffentlichkeit aufhält, muss mit einem Bußgeld rechnen.“
Die Polizei in der Landeshauptstadt beispielsweise überprüfte in der Nacht zum Sonntag rund 500 Autos und 800 Personen. Ein Großteil der kontrollierten Personen habe einen triftigen Grund gehabt, sich im Freien aufzuhalten. Die meisten Autofahrer seien auf dem Weg nach Hause gewesen. Rund 170 Personen hatten keinen solchen Grund. In der zweitgrößten Stadt Baden-Württembergs, Mannheim, kontrollierte die Polizei laut Mitteilung 434 Autos und 512 Personen. 67 Personen hätten dabei gegen die Vorgaben verstoßen. Insgesamt sei die Nacht aber ruhig und ohne nennenswerte Zwischenfälle verlaufen. Auch in Pforzheim und Baden-Baden haben sich die meisten Menschen an die nächtliche Ausgangssperre gehalten.
Von Freitag bis Sonntag hat die Bundespolizei an den Hauptbahnhöfen Mannheim, Karlsruhe und Pforzheim die Einhaltung der geltenden Ausgangsbeschränkungen und die Mundschutzpflicht kontrolliert. Insgesamt wurden 82 Verstöße gegen die Maskenpflicht festgestellt. Überwiegend verhielten sich alle angesprochenen Personen einsichtig, sodass nur in neun Fällen eine Mitteilung an das Ordnungsamt gemacht werden musste. Mehrere Anzeigen bekommt jedoch ein 32-Jähriger, der am Albtalbahnhof in Karlsruhe keine Mund-Nase-Bedeckung trug, er einige Drogen dabei hatte und auch sein Staffordshire-Mischling ohne Maulkorb unterwegs war. Ein 30-Jähriger konnte Samstag auf Sonntag um Mitternacht keinen triftigen Grund für seinen Aufenthalt am Karlsruher Hauptbahnhof nennen.