Karlsruhe (msch) – Jeden Sonntag trifft Martin Wacker prominente Persönlichkeiten aus der Region. Diesmal war der Karlsruher Totengräber Volker Langenbein zu Gast. Volker arbeitete einige Jahre auf einem Karlsruher Friedhof. Dort erlebte er viele kuriose Geschichten, die er in einem Buch zusammengefasst hat. Totengräbers Tagebuch gibt es überall, wo es Bücher gibt. Volker Langenbein hat bei seinem Besuch einen Einblick in sein Werk gegeben und ein paar seiner skurrilsten Geschichten erzählt.
Volker Langenbein ist erste Totengräber Deutschlands, der beschlossen hat, seine Erinnerungen in einem Buch zusammenzufassen. Die Idee ist an der Theke seiner Stammkneipe entstanden. „Dort hab ich die Bediensteten immer mit meinen Geschichten vollgelabert“, erinnert sich Langenbein und lacht. Seine Erzählungen seien dabei so unterhaltsam gewesen, dass Klaus Frick, Chefredakteur einer Science-Fiction Serie, auf ihn aufmerksam geworden ist. Er sei es gewesen, der ihm den Tipp gegeben hat, ein Buch zu schreiben und ihn all die Jahre dabei begleitet habe. „Ohne ihn wäre das alles gar nicht möglich gewesen“, schwärmt Langenbein.
Zu dem Job als Totengräber ist Langenbein über Umwege gekommen. Als Arbeitssuchender kam er zur Stadt Karlsruhe und hat sich für allerlei Ämter beworben. Letztlich hat er eine befristete Stelle als Grünpfleger auf einem Friedhof angeboten bekommen. Für den gelernten Forstwirt war das eine tolle Sache. „Ich mag es, an der frischen Luft zu arbeiten“, erzählt er. Als der Vertrag ausgelaufen ist, habe man ihm die Stelle als Friedhofsleiter und Totengräber angeboten. Obwohl ihm viele von der Arbeit abgeraten hätten, habe ihn seine Frau ermuntert, die Stelle anzunehmen. „Sie hat gesagt, dass ich nichts verlieren kann. Also habe ich es probiert. Batsch, war ich 25 Jahre im Geschäft“, erinnert sich Langenbein.
Das war eine Entscheidung, die er nie bereut habe. Denn die Arbeit habe ihn vom Menschenfeind zum Menschenfreund gemacht. „Als Jugendlicher war ich eher ein Menschenhasser und wollte mit fremden Menschen nichts zu tun haben“, erinnert sich der Buchautor. Sein Vater habe, als er noch ein Kind war, einen schlimmen Unfall gehabt. Niemand habe ihm geholfen. Das hat Langenbeins Menschenbild lange geprägt. Erst durch seinen Beruf habe er wieder gelernt, Mitgefühl für andere zu empfinden. „Es war schön, Menschen helfen zu können. Dieser Dank nach einer Bestattung ist unbezahlbar. Was die Hinterbliebenen einem entgegenbringen ist ist kein Geldschein der Welt wert“, erzählt er.
Doch der Beruf hat auch Kehrseiten. „Ich hatte emotional nie um 16:00 Uhr Feierabend“, berichtet der Totengräber, der sich auch nach Arbeitsschluss noch Gedanken gemacht hat. „Hinter den Kulissen sind bei mir häufig Tränen gelaufen.“ Die beiden Schlaganfälle, die er erleiden musste, könnten auch mit der seelischen Belastung durch den Beruf zu tun haben, vermutet Langenbein. In einer psychosomatischen Klinik habe man ihm deshalb nahegelegt, den Beruf an den Nagel zu hängen. Seitdem arbeitet er wieder in der Grünpflege. „Ich habe meine Dienste getan“, resümiert Langenbein.
Was bleibt sind viele lustige Geschichten und Erfahrungen, die er in dieser Zeit machen durfte und die er in seinem Buch „Tagebuch eines Totengräbers“ festgehalten hat. Besonders emotional ist dem Totengräber die Bestattung eines KSC-Fans im Kopf geblieben. Es sei der Song „You’ll never walk alone“ gelaufen und die Freunde des Verstorbenen hätten sich vor der Kapelle versammelt. „Sie haben sich umarmt und eine Kette gebildet. Damit wollten sie zeigen, dass ihr Freund und Kollege immer in ihrer Mitte seinen Platz hat“, berichtet Langenbein „Bei der Erinnerung bekomme ich schon wieder Gänsehaut.“