Stuttgart (dpa/lk) – Baden-Württembergs Kultusministerin Theresa Schopper will trotz erneut steigender Corona-Zahlen die Schulen – wenn möglich – dauerhaft offenhalten.
Für etwa 1,5 Millionen Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg beginnt am Montag wieder der Ernst des Lebens – und das trotz Pandemie im Klassenraum und nicht vor dem Bildschirm. „Wir haben den festen Vorsatz, Präsenzunterricht anzubieten und zu gewährleisten“, sagte die Grünen-Politikerin unmittelbar vor Ende der Schulferien. Sie wollte aber nicht ausschließen, dass die Schulen unter bestimmten Umständen noch einmal geschlossen werden müssen. „Wir wissen nicht, ob es neue Varianten gibt.“ Das Land tue zwar alles, „um Sicherheit in die Klassenzimmer zu bringen. Aber wenn was Neues kommt, dann müssen wir eventuell reagieren“. Auch wenn es einen Ausbruch in einer Klasse gebe, müsse das Land handeln. Ganz sicher könne man Schulen wahrscheinlich nicht machen.
Mehr Tests, Impfaktionen, weniger Quarantäne und Maskenpflicht – so lässt sich der Fahrplan für den Schulbeginn zusammenfassen. So müssen sich ungeimpfte Lehrkräfte von Montag an täglich vor Arbeitsbeginn auf das Coronavirus testen. Von der dritten Schulwoche an müssen Schüler dreimal die Woche einen Corona-Schnelltest machen – bei PCR-Tests bleibt es bei zweimal. Geimpfte und Genesene sind davon ausgenommen. Die Maskenpflicht gilt aber für alle – unabhängig von Infektionszahlen. Wichtigstes Instrument gegen das Virus bleibe die Impfung. Deswegen sieht die Ministerin nach den mehrfachen Schulschließungen in der Corona-Krise die Erwachsenen in der Pflicht: „Wir brauchen jetzt die Solidarität der Erwachsenen, der noch nicht geimpften Menschen.“ Man müsse verhindern, dass die vierte Welle in die Schulen schwappt. „Die Corona-Erkrankungen wollen wir aus den Schulen fernhalten.“
Wenn ein Kind positiv auf das Virus getestet wird, muss es in Quarantäne, aber die anderen können bleiben. Einen „Lockdown durch die Hintertür“, bei dem eine ganze Klasse in Quarantäne muss, soll es laut Schopper nicht geben. Nach einem bekannten Fall müssen sich alle Schüler einer Klasse, die nicht geimpft oder genesen sind, fünf Tage lang mindestens mit einem Schnelltest täglich testen. Sollte es dann einen Ausbruch geben – 20 Prozent positiver Tests in einer Klasse in zehn Tagen – kann das Gesundheitsamt auch die Quarantäne für die gesamte Klasse anordnen. Die Kultusministerin will mit dieser Strategie auch die Gesundheitsämter entlasten. Die sogenannte Sitznachbar-Regel, bei der umsitzende Kinder vorsorglich in Quarantäne geschickt werden, überfordere die Ämter bei der Nachverfolgung. „Mir geht es auch darum, die Kinder, die nichts haben, nicht einzuschränken“, sagte Schopper. Denn Kinder unter zwölf Jahren, die nicht geimpft werden können, könnten nicht 14 Tage allein zu Hause bleiben. Ihre Lösung sei „realitätsnah“ und „familienfreundlich“.
Neben der Corona-Pandemie gibt es jedoch eine weitere Baustelle für die Kultusministerin: Kurz vor Beginn des neuen Schuljahrs sind im Südwesten 630 Stellen für Lehrkräfte noch unbesetzt. Das entspricht etwa 700 bis 800 fehlenden Lehrerinnen und Lehrern. „Jede Stelle, die nicht besetzt ist, reißt auch ein Loch“, sagte Schopper. Die Corona-Pandemie habe ihr bei der Stellenbesetzung „Steine in den Rucksack gelegt“, denn dadurch brauche das Land noch mehr Lehrkräfte. Grund sei unter anderem, dass viele Schüler freiwillig eine Klassenstufe wiederholen würden. Einen Teil der Lücke können normalerweise Pensionäre stopfen. Schopper erläuterte, dass diese aber wegen der Pandemie eher vorsichtig bei der Rückkehr in die Schule seien.