Bruchsal/Germersheim (dpa/tk) – Bei einem bewachten Ausflug mit Frau und Kind ergreift ein verurteilter Mörder die Flucht – ein halbes Jahr ist das jetzt her. Was hatte der Fall für Folgen? Und wo steckt der Mann?
Die Ermittlungen laufen
Der Häftling nutzt einen günstigen Moment: Er kann seinen Bewachern bei einem Ausflug an den Baggersee in Germersheim entkommen, seine Fußfessel zertrennen und scheint seitdem wie vom Erdboden verschluckt. Ist der verurteilte Mörder aus dem Bruchsaler Gefängnis von der Südpfalz aus ins Ausland geflohen? Vom Baggersee zur französischen Grenze sind es lediglich etwas mehr als 30 Kilometer. Oder konnte der damals 43-Jährige in Deutschland unterschlüpfen?
Das Landeskriminalamt gibt sich bedeckt: «Wir gehen nach wie vor einer Reihe von Hinweisen nach», sagte eine Sprecherin. Deren Zahl habe aber nachgelassen. Ganz verstummt ist der Mann auf der Flucht aber nicht: Wiederholt hat er kurze Videos an Medienhäuser geschickt, in denen er sich als Justizopfer sieht und eine Wiederaufnahme seines Verfahrens erreichen will.
Ministerium gibt Pannen zu
Pannen bei der sogenannten Ausführung sollen die Flucht des Mannes trotz der Überwachung durch zwei Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt möglich gemacht haben, räumte das Justizministerium nach dem Zwischenfall ein. Die beiden Disziplinarverfahren gegen die am Baggersee eingesetzten Bediensteten der JVA Bruchsal laufen noch. «Die beiden Beamten sind anwaltlich vertreten», sagte eine Sprecherin des Ministeriums.
Mehrere Gefängnis-Ausbrüche
Die Flucht des Mannes und eine weitere Flucht eines Strafgefangenen wenig später hatten Justizministerin Marion Gentges in Bedrängnis gebracht. Die CDU-Politikerin hatte sich unter anderem im Landtag gegen die Kritik verteidigt und schärfere Regeln für Ausführungen angekündigt. Demnach sollen Gefangene grundsätzlich erst unmittelbar vor dem Verlassen der Anstalt informiert werden. Erst als Erlass vorgegeben, sollen die Änderungen laut Ministerium im nächsten Schritt in die Verwaltungsvorschrift zum Justizvollzugsgesetzbuch aufgenommen werden.
Nur wenige Wochen nach der Panne am Baggersee hatte ein weiterer Häftling Mitte Dezember einen Arztbesuch im Klinikum Ludwigshafen zur Flucht genutzt. Ein Komplize hatte vor Ort gewartet, mit einer Schreckschusspistole einen Schuss in die Luft abgegeben und war mit dem Häftling auf einem Motorroller geflüchtet. Der Gefangene und der mutmaßliche Fluchthelfer waren Ende Dezember in einem Hotel in Weinheim nahe Heidelberg festgenommen worden. Eine Mitarbeiterin der JVA Mannheim steht unter Verdacht, dem Mann bei der Planung seiner Flucht geholfen zu haben.