Der Soli wird als Zuschlag auf die Einkommens- und Körperschaftsteuer sowie Kapitalerträge erhoben. Nachdem es bereits 1991/1992 einen zeitlich befristeten Vorläufer gegeben hatte, wurde der Zuschlag 1995 laut Bundesfinanzministerium «vor dem Hintergrund der anhaltenden Finanzierungslasten des Bundes im Zusammenhang mit der Herstellung der deutschen Einheit» unbefristet eingeführt. Das Geld ist aber – wie alle Steuereinnahmen – nicht zweckgebunden und fließt in den Bundeshaushalt.
Bis Ende 2020 mussten fast alle Bürgerinnen, Bürger und Betriebe in Ost und West den Solidaritätszuschlag zahlen. Seit 2021 müssen ihn nur noch Besserverdienende, Unternehmen und Kapitalanleger zahlen: für 90 Prozent der Steuerpflichtigen wurde er im Rahmen des «Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlag 1995» abgeschafft, für weitere 6,5 Prozent zumindest zum Teil. Dem Institut der deutschen Wirtschaft zufolge zahlten zuletzt noch rund sechs Millionen Menschen den Soli sowie etwa 600.000 Kapitalgesellschaften.
In Karlsruhe wird am Dienstag über die Verfassungsbeschwerde von zwei ehemaligen und vier aktuellen FDP-Bundestagsabgeordneten verhandelt – darunter der Fraktionsvorsitzende Christian Dürr und die ehemaligen Finanzstaatssekretäre Florian Toncar und Katja Hessel. Toncar und Hessel waren nach der Entlassung von FDP-Chef Christian Lindner aus dem Amt des Bundesfinanzministers vergangene Woche ebenfalls aus ihren Ämtern ausgeschieden. Die FDP-Politiker hatten geklagt, bevor die Liberalen in die Regierung kamen.
Die Beschwerdeführer meinen, der Zuschlag sei mit Auslaufen des sogenannten Solidarpakts II Ende 2019 verfassungswidrig geworden. Sie kritisieren zudem, dass Bezieher verschiedener Einkommen durch das Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags ungleich behandelt würden. Ein Urteil fällt in der Regel erst einige Monate später.
Der Solidarpakt war eine Transferleistung von Bund und Ländern an die ostdeutschen Bundesländer. Der Solidarpakt I trat 1995 in Kraft und wurde 2005 vom Solidarpakt II abgelöst. Der Pakt bestand aus zwei Körben. Mit dem Ersten sollte die Infrastruktur in Ostdeutschland ausgebaut und die Finanzkraft der Kommunen gestärkt werden. Im Zweiten wurde Geld für die Wirtschaftsförderung bereitgestellt. Der Solidarpakt II lief Ende 2019 aus.
Die Entscheidung der Karlsruher Richterinnen und Richter könnte große Auswirkungen für den Bundeshaushalt haben. Denn die Bundesregierung hat für das kommende Jahr Soli-Einnahmen von 12,75 Milliarden Euro fest im Haushalt verplant. Sollte das Verfassungsgericht den Zuschlag kippen, würde dies das Loch im Etat für 2025 noch deutlich vergrößern. Doch es könnte noch schlimmer kommen: Der Senat könnte entscheiden, dass der Staat Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag der vergangenen Jahre zurückzahlen muss. Das wären dann seit 2020 um die 65 Milliarden Euro. Mit den Konsequenzen müsste sich dann vermutlich die nächste Bundesregierung beschäftigen.