Pforzheim (pm) – Nachdem die Wirtschaft in der Region Nordschwarzwald trotz der herausfordernden Rahmenbedingungen gut in das neue Jahr gestartet war, trübt sich die Stimmungslage nun zunehmend ein. Dies geht aus der Konjunkturbefragung der IHK Nordschwarzwald hervor, die im September und Oktober bei rund 250 Unternehmen aus der Region durchgeführt wurde.
Aktuell berichten nur noch 19 Prozent der regionalen Unternehmen von gut laufenden Geschäften. Im Frühsommer lag der Wert noch bei 37 Prozent. Dies stellt einen kontinuierlichen Abwärtstrend seit Jahresbeginn dar. Der Anteil der Unternehmen, die von einer befriedigenden Geschäftslage sprechen, hat sich auf 61 Prozent erhöht. Von einer schlechten Geschäftslage berichten mittlerweile gut 20 Prozent, im Frühsommer waren das nur fünf Prozent.
„Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Die aktuelle Wirtschaftslage ist spürbar angespannt. Die Unternehmen sehen sich in vielerlei Hinsicht einem unsicheren Umfeld ausgesetzt, wobei geopolitische Entwicklungen und die Unzufriedenheit mit der Bundespolitik eine Schlüsselrolle spielen,“ bewertet Tanja Traub, Hauptgeschäftsführerin der IHK Nordschwarzwald, die neuesten Konjunkturdaten. Die regionalen Zahlen entsprechen dem bundesweiten Trend, bei dem das deutsche Bruttoinlandsprodukt gemäß der Herbstprojektion des Bundeswirtschaftsministeriums trotz des guten Jahresauftakts um 0,4 Prozent schrumpfen wird. Die eingetrübte Stimmung betrifft fast alle Branchen, jedoch gibt es je nach Geschäftsmodell erhebliche Unterschiede bei den einzelnen Unternehmen. „Die relativ gute Lage im Dienstleistungssektor und das vorausschauende und nachhaltige Engagement unserer regionalen Ausbildungsbetriebe, die eine Steigerung der abgeschlossenen Ausbildungsverträge um 17,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen, geben uns Grund zur Hoffnung. Dies ist ein starkes Signal unserer Unternehmen“, so Tanja Traub.
Obwohl die Inflationsrate im September 2023 im Vergleich zum Vorjahr mit 4,5 Prozent leicht gesunken ist, bleibt die finanzielle Situation angespannt. Rund 40 Prozent der regionalen Unternehmen verzeichnen höhere Umsätze im Vergleich zum Vorjahresquartal, knapp über 23 Prozent berichten von gleichbleibenden Umsätzen, aber 37 Prozent melden einen Rückgang der Umsätze. Das ist ein deutlich höherer Wert als vor einem Jahr (Herbst 2022: 17 Prozent).
Dabei wiegt noch schwerer, dass die derzeitige Ertragslage von nur noch 19 Prozent mit gut (Herbst 2022: 25 Prozent) oder von 55 Prozent mit befriedigend angegeben wird (Herbst 2022: 52 Prozent). Mehr als jedes vierte Unternehmen beurteilt sie bereits als schlecht. Das zeigt, wie die Geschäftsmodelle vieler Unternehmen leiden. Im Vergleich zur letzten Befragung im Frühsommer 2023 haben sich die Geschäftserwartungen für die kommenden zwölf Monate eingetrübt: 32 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung, 59 Prozent gehen von gleichbleibenden Geschäften aus und nur knapp 10 Prozent rechnen mit sich verbessernden Geschäften. Im Frühsommer dieses Jahres lag dieser Wert immerhin noch bei 22,5 Prozent.
Neben der Inflation geraten die Geschäftsmodelle der Unternehmen und deren Ertragssituation vor allem aufgrund fehlender Fachkräfte und hoher Energie- und Rohstoffpreise unter Druck. Das zeigt sich in der Einschätzung der Unternehmen hinsichtlich der Risikofaktoren für ihre weitere wirtschaftliche Entwicklung. 75 Prozent erwarten noch weitere Kostenbelastungen durch die hohen Energie- und Rohstoffpreise. Für 65 Prozent wird der Mangel an Fachkräften auch in der nahen Zukunft ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten begrenzen. Dazu passt, dass für die nächsten zwölf Monate 63 Prozent von einer gleichbleibenden und acht Prozent von einer steigenden Beschäftigtenzahl ausgehen, rund 28 Prozent rechnen mit einem Abbau.
Die hohen Energiekosten beeinträchtigen auch die Exporterwartungen. Rund die Hälfte der Firmen aus der Region rechnet in der nahen Zukunft mit gleichbleibendem Ausfuhrvolumen und knapp 30 Prozent mit einer fallenden Tendenz. Im Frühjahr 2023 lag dieser Wert zehn Prozentpunkte darunter.
Die Bereitschaft, im Inland zu investieren, ist dennoch stabil. Während im Herbst 2022 27 Prozent der Unternehmen angaben, in den nächsten zwölf Monaten stärker investieren zu wollen und 38,5 Prozent eine gleichbleibende Investitionsbereitschaft erwarteten, äußerten sich jetzt im Herbst 2023 44 Prozent, dass das Investitionsniveau gehalten würde und immerhin noch 20 Prozent, dass sie mit einer stärkeren Investitionsbereitschaft rechnen. Neben der Digitalisierung mit 52 Prozent geben 43 Prozent die Energieeffizienz und den Umweltschutz als vorrangiges Investitionsmotiv an.
„Unsere Unternehmen investieren weiterhin in großem Umfang. Die geopolitischen Entwicklungen in Osteuropa und zukünftig im Nahen Osten tragen jedoch weiter zu großer Verunsicherung bei. Aber auch innenpolitische Unsicherheiten – beispielsweise durch die Debatte um das sogenannte Heizungsgesetz oder die ausufernden Belastungen der Kommunen – tragen stark zur Verunsicherung bei. Hier befindet sich die Bundespolitik in einer Vertrauenskrise, die auch Auswirkungen auf die Geschäftserwartungen der Unternehmen hat. Es ist an der Zeit, dass zumindest innenpolitisch Stabilität einkehrt. Es gilt, Vertrauen in die Politik und damit auch in den Wirtschaftsstandort Deutschland zurückzugewinnen,“ so Tanja Traub abschließend.
Verarbeitendes Gewerbe
In der regionalen Industrie ist die Stimmung durchwachsen. 24 Prozent berichten von gut laufenden Geschäften, 52,5 Prozent noch von einer befriedigenden Situation. Die Kapazitätsauslastung ist seit einem Jahr von 87 Prozent auf 80,5 Prozent gesunken. Der Auftragseingang ist zuletzt nur bei sieben Prozent gestiegen, bei 37 Prozent gleichgeblieben und bei 56 Prozent gefallen.
Tourismus
Im Tourismusgewerbe der Region ist die Stimmung recht stabil. 37,5 Prozent sprechen von einer guten Geschäftslage, 50 Prozent von einer zumindest befriedigenden und nur 12,5 Prozent von einer schlechten. Doch auch in dieser Branche zeigt sich, wie Umsatzzahlen und Ertragslage bei gestiegenen Kosten deutlich auseinanderfallen können. Zwar geben 57 Prozent gestiegenen Umsatz im Bereich der Beherbergung zum Vorjahresquartal an, insgesamt bewerten aber nur 20 Prozent die Ertragslage als gut.
Handel & Dienstleistungen
Im regionalen Handel und im Dienstleistungsbereich ist die wirtschaftliche Lage relativ stabil. 77 Prozent sprechen von einer befriedigenden Geschäftslage, 16,5 Prozent von einer guten. Der Umsatz ist bei einer von knapp 70 Prozent nur als befriedigend bezeichneten Ertragslage immerhin bei 31 Prozent gestiegen, bei 45 Prozent gleichgeblieben und nur bei knapp 24 Prozent gefallen. Die drei stärksten Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen dieser Branche sind – mit der Inflationslage verbunden – die hohen Arbeitskosten, die Energiepreise sowie der Fachkräftemangel.