Region (dpa/lsw) – Winzer in Baden-Württemberg stehen in den Startlöchern: Hier und da hat die Weinlese schon begonnen, im großen Stil soll es im September losgehen. „Bis dahin kann noch einiges passieren“, sagte der Geschäftsführer des Badischen Weinbauverbandes in Freiburg, Holger Klein. Dabei geht es vor allem ums Wetter. „Die nächsten Wochen sind entscheidend.“
Wie viel regnet es noch bis zum Start der Weinlese? Kommt alles auf einen Schlag? Und das im schlimmsten Fall auch noch in Form von Hagel? „Ein, zwei schöne Landregen durchmischt mit weiter sonnigem Wetter wären gut“, sagte Klein. Wenn sich zu viel Wasser in den Beeren einlagert, könnten diese platzen. Dann drohten sie zu faulen. Im Moment seien die Trauben sehr gesund, die Mostgewichte in Ordnung. Klein erwartet einen Jahrgang wie 2018. „Da waren wir eigentlich sehr zufrieden.“ Anders klingt der Präsident des Weinbauverbandes Württemberg mit Sitz in Weinsberg (Landkreis Heilbronn), Hermann Hohl: Im Schnitt rechneten die dortigen Betriebe mit 30 bis 40 Prozent Einbußen bei der Erntemenge. Bei einzelnen könnte die Bilanz sogar um mehr als die Hälfte einbrechen. Das sei der Trockenheit geschuldet, so Hohl. „Bei der Qualität ist aber noch einiges drin.“
Daher sei es wichtig, nicht zu früh zu ernten. Während in Württemberg mit den frühreifen Rotweinsorten Dornfelder und Acolon erst Anfang September die Ernte beginnen soll, haben einige Betriebe in Baden schon mit der Findling-Lese angefangen. Ganz aktuell stand der Start der Weinlese bei der Weinmanufaktur Gengenbach-Offenburg auf dem Programm. Mit einem Mostgewicht von 75 bis 80 Grad Oechsle rechnete der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Reiner End vorab. Die Trauben seien gesund, der Geschmack fruchtig. „Die Säure stimmt.“ Most ist der zur Gärung bestimmte Saft aus gekelterten, also ausgepressten Trauben. Gut für die Ausprägung der Aromen sind nach Auskunft von Klein vom Badischen Weinbauverband zudem die recht hohen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht der vergangenen Tage.
Weinliebhaber müssen sich indes nicht nur wegen dürrebedingter geringer Ernten auf steigende Preise einstellen. Die Produktionskosten seien teils bis zu 60, 70 Prozent gestiegen, sagte der württembergische Verbandspräsident Hohl. „So viel können wir natürlich nicht aufschlagen, aber es wird teurer.“ Kostensteigerungen betreffen seinen Angaben zufolge zum Beispiel die Flaschen, aber auch technische Einzelteile. Hinzu komme der steigende Mindestlohn.
Im vergangenen, vergleichsweise feuchten Jahr hatten vor allem Pilzbefall, Spätfröste im Frühjahr und die Kirschessigfliege die Erträge auf landesweit 1,77 Millionen Hektoliter Weinmost schrumpfen lassen, wie aus Daten des Statistischen Landesamts hervorgeht. Das seien vier Prozent weniger als 2020 gewesen und fast ein Fünftel weniger als im Mittel der Jahre 2015 bis 2020. Während dabei der Rückgang in Baden den Angaben zufolge im Vergleich zum Vorjahr 17 Prozent auf 903 000 Hektoliter betrug, stieg die Mostmenge in Württemberg um 16 Prozent auf 869 000 Hektoliter an. Insgesamt bauten Weingärtner im vergangenen Jahr auf 26 600 Hektar Rebfläche im Südwesten Trollinger, Riesling und Co. an.