Rastatt: Millionenklage wegen Skandals um verseuchtes Grundwasser

23. März 2021 , 13:29 Uhr

Rastatt (dpa/lk) – Vergiftete Böden, vergiftetes Grundwasser – der Skandal um die Belastung von Ackerland mit den umweltschädlichen Chemikalien PFC beschäftigen Behörden und Bürger seit Jahren. In einem Gerichtsprozess geht um jetzt Schadenersatz in Millionenhöhe: Die Stadtwerke Rastatt wollen rund 6,5 Millionen Euro von einem Kompostunternehmen aus Baden-Baden einklagen.

Millionenklage gegen Kompostunternehmer aus Baden-Baden

Es geht um Verantwortung und um Schadenersatz in Millionenhöhe: Wegen der Vergiftung des Grundwassers mit den gesundheitsschädlichen Chemikalien PFC wollen die Stadtwerke Rastatt rund 6,5 Millionen Euro von einem Kompostunternehmen einklagen. Hinzu kämen künftig noch entstehende Kosten wegen der Verseuchung, sagte am Dienstag der Geschäftsführer des Wasserversorgers, Olaf Kaspryk. „Es kann nicht sein, dass der Verbraucher diese Kosten trägt.“ Der Zivilprozess dazu beginnt diesen Freitag vor dem Landgericht Baden-Baden. Das Kompostunternehmen aus Baden-Baden, laut Kaspryk Verursacher des flächenmäßig größten Umweltskandals Deutschlands, soll bis Ende 2008 mit Papierschlämmen versetzten Kompost auf Feldern in den Landkreisen Baden-Baden und Rastatt ausgebracht haben. Diese Schlämme enthielten sogenannte per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC), die in der Natur kaum abbaubar sind. Betroffen sind weit über 1.000 Hektar Ackerland in Nord- und Mittelbaden. Die Schadstoffe gelangten später auch ins Grundwasser. Im Jahr 2012 wurde dies bei einer Routineuntersuchung der Stadtwerke Rastatt entdeckt.

Stadtwerke Rastatt wollen Kosten für Verseuchung einklagen

Seither musste der Versorger Brunnen stilllegen sowie die Wasserwerke Rauental und Niederbühl vom Netz nehmen beziehungsweise mit neuer Filtertechnik ausrüsten. Die Kosten dafür will der Wasserversorger nun dem mutmaßlichen Verursacher der Verschmutzungen in Rechnung stellen. Verschiedene Forschungsprojekte beschäftigen sich mit der Sanierung des Grundwassers und auch der Böden – kein Verfahren sei bisher ausgereift genug, um in die Praxis umgesetzt werden zu können, sagte eine Sprecherin der Stabsstelle PFC am Regierungspräsidium Karlsruhe. Auch ein Ausbaggern der Felder wäre viel zu teuer; die Kosten würden in die Milliarden gehen. Eine Deponie in Gaggenau ist im Gespräch, auf der nach einem Um- und Ausbau zumindest Aushub von Grundstücken gelagert werden könnte, auf denen gebaut werden soll. Bis alle Genehmiguns- und Planungsverfahren dafür durch sind, wird es aber noch Jahre dauern. Für die betroffenen Äcker startete das Land vor Jahren ein sogenanntes Vorerntemonitoring. Dabei wird in der Region angebautes Obst, Gemüse und Getreide auf PFC-Belastung hin untersucht. Auf dieser Basis gibt es seitdem Empfehlungen für die kommende Aussaat.

Beklagtes Unternehmen bestreitet die Vorwürfe

Der beklagte Unternehmer bestreitet die Vorwürfe. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe allerdings hatte ihn schon in der Vergangenheit zur Zahlung von rund 240.000 Euro Schadenersatz an den Landkreis Rastatt verurteilt. „Wir wollen ihn nicht „platt machen“ und in die Insolvenz treiben“, sagte der Anwalt der Stadtwerke. „Wir wollen, dass er Verantwortung übernimmt, und wollen dann gemeinsam eine Lösung finden.“ Neben der Klage der Stadtwerke ist vor dem Landgericht Baden-Baden noch eine Klage der Gemeinde Hügelsheim anhängig. Ein Termin dafür wurde nach Worten einer Gerichtssprecherin noch nicht bestimmt. Die Akten seien weiterhin bei einem Sachverständigen. Auch der Kompostunternehmer selbst zieht immer wieder vor Gericht.

Der Skandal schlägt seit Jahren hohe Wellen in der Region. Insgesamt kostete er die betroffenen Stadt- und Landkreise bisher mehr als 11 Millionen Euro – Personalkosten nicht mitgerechnet, so die Sprecherin der Stabsstelle PFC. Die Kosten der betroffenen Kommunen und Wasserversorger würden von der Stabsstelle nicht erhoben.

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