Region (dpa/dk) – Von den Lokführern ist man es gewohnt, bei der Polizei kommt es eher selten vor: Warnstreiks drohen – und das könnte erst der Anfang sein. Das Innenministerium äußert sich auch zu möglichen Folgen. Aber wer streikt da jetzt genau – und warum?
Was passiert, wenn Kriminaltechniker, Cyberspezialisten und Labormitarbeiter bei der Polizei die Arbeit einstellen? Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) hat im Tarifstreit die Beschäftigten des Landes für den 30. November zu einem eintägigen Warnstreik aufgerufen. «Wir werden vom Bodensee bis zum Taubertal und von der französischen bis zur bayerischen Grenze in den Warnstreik treten», erklärte Bundes- und Landesstreikleiter Edmund Schuler. Beamte dürfen nicht streiken. Es werde zwar zu vereinzelten Schwierigkeiten im Polizeidienst kommen, in dieser Stufe wolle man die Funktionsfähigkeit bei der Polizei aber noch zusagen. Die Tarifbeschäftigten der Polizei in Baden-Württemberg seien aber bereit, in den unbefristeten Streik zu treten. Für den Fall, dass es bis zum zweiten Advent keine Einigung gibt, liefen schon die Vorbereitungen für eine Urabstimmung.
Landeschef Ralf Kusterer sagte, bei der DPolG sei mit nahezu 4000 der Großteil der Tarifbeschäftigten organisiert. Darunter seien Labormitarbeiter, Cyberspezialisten, die Kriminaltechnik und Bürokräfte. «Eine Schreibkraft bei der Polizei protokolliert zum Beispiel Vernehmungen von Pädophilen», machte er deutlich. Zudem gebe es im Südwesten mehr als 24 000 Polizeibeamtinnen und -beamte. Ein Sprecher des Innenministeriums erklärte am Donnerstag in Stuttgart: «Im Kernbereich der Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt setzen wir bei der Polizei Beamte ein, die – anders als Angestellte – nicht streiken dürfen.» Damit sei der Dienstbetrieb gewährleistet. «Vereinfacht gesagt: Wenn Menschen im Land die schnelle Hilfe der Polizei brauchen, ist die Polizei weiterhin uneingeschränkt handlungsfähig und steht als Garant für die Sicherheit der Menschen.»
Hintergrund sind die bundesweit geführten Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder. Bei zwei Runden gab es bisher keine Einigung. Die Gewerkschaften fordern unter anderem 10,5 Prozent mehr Geld, mindestens jedoch 500 Euro pro Monat bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Aus Sicht der Tarifgemeinschaft deutscher Länder sind die Forderungen viel zu hoch und nicht leistbar. Die nächste Verhandlungsrunde ist ab 7. Dezember in Potsdam geplant. Laut DPolG ist es für Betroffene lukrativer, bei gleicher Tarifeinstufung zur Stadtverwaltung zu wechseln. Für die unteren Gehaltsgruppen sagte Schuler, dass manch Tarifbeschäftigter mehr Geld bekommen würde, wenn er Bürgergeld beantrage. Der Landesvorsitzende Kusterer erklärte: «Wir bekommen nicht nur keinen Nachersatz bei offenen Stellen, wir verlieren immer mehr Tarifbeschäftigte in die freie Wirtschaft oder jetzt auch zu anderen Behörden. Wer jetzt in der Landesregierung nicht erkennt, dass hier die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes gefährdet wird, muss Scheuklappen tragen.»