Karlsruhe/Calw (pm/lk) – Zum Internationalen Tag der Pflegenden am 12. Mai gibt es heute Aktionen in Karlsruhe, Calw, Bad Wildbad und Stuttgart. Beschäftigte aus der Kranken- und Altenpflege wollen damit auf Missstände aufmerksam machen und der „Politik der leeren Versprechungen“ die Rote Karte zeigen. Gefordert werden sollen eine gerechte tarifliche Bezahlung für alle Beschäftigten sowie eine bessere Personalausstattung für Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser.
Vor der Bundestagswahl erhöhen Beschäftigte aus Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen den Druck. Mit einem bundesweiten Aktionstag zum Internationalen Tag der Pflegenden an diesem Mittwoch wollen sie ihren Forderungen nach einer bedarfsgerechten Personalausstattung und flächendeckend angemessener Bezahlung mit Kundgebungen, Fotoaktionen und Aufklebern Nachdruck verleihen. „Es müssen dringend die richtigen Schlussfolgerungen aus den Erfahrungen in der Pandemie für das Gesundheitswesen gezogen werden. Die bisherigen Beschlüsse sind völlig unzureichend, von Entlastung ist im Betrieb nichts zu spüren – im Gegenteil“, sagte Michael Janus, ver.di Gewerkschaftssekretär aus Karlsruhe. Die Pflege stehe mit dem Rücken zur Wand.
Im Ver.di Bezirk Mittelbaden-Nordschwarzwald werden Beschäftigte in Calw vor dem Zentrum für Psychiatrie, in Bad Wildbad vor der Sana Klinik AG und dem Rehabilitationszentrum Quellenhof, in Karlsruhe vor dem Städtischen Klinikum Karlsruhe und vor dem AWO-Seniorenzentrum Knielingen deutlich machen, dass sie schnelle und wirksame Schritte in Richtung besserer Arbeitsbedingungen erwarten. Am Abend wird es um 17 Uhr auf de Karlsruher Friedrichsplatz eine Kundgebung geben. In Stuttgart findet der Walk of Care auf dem Schlossplatz statt. In einer 12 Stunden Mahnwache fordern die Teilnehmer von 6 bis 18 Uhr Personal für menschenwürdige Pflege, politische Mitsprache, gemeinwohlorientierte Finanzierung und faires Gehalt. Am Krankenhaus Rottweil planen Mitarbeiter eine Fotoaktion, im Zentrum für Psychiatrie in Emmendingen wird eine Protestfahne gehisst. An der Freiburger Uniklinik kündigte Verdi eine Aufkleber-Aktion an. Weitere Aktionen sind beispielsweise in Berlin, Aachen, Bremen, Hamburg, Halle, Dresden und auch in der Schweiz in Basel, Zürich, Luzern, Zug geplant.
„Die Beschäftigten in den Krankenhäusern und Psychiatrien sind erschöpft. Sie arbeiten seit Monaten am Anschlag, um die Menschen in der Pandemie bestmöglich zu versorgen. Auch in der Altenpflege ist die Lage angesichts der Personalnot weiterhin extrem angespannt“, berichtet Michael Janus. „Die beruflich Pflegenden brauchen jetzt das Signal, dass sich die Bedingungen schnellstmöglich und dauerhaft verbessern. Doch der Bundesgesundheitsminister spielt weiter auf Zeit.“ So habe Jens Spahn zuletzt zwar etliche Gesetzesinitiativen vorgelegt, an den entscheidenden Stellen blieben diese jedoch weit hinter dem Notwendigen zurück. Weder in der Kranken- noch in der Altenpflege würden bedarfsgerechte und bundesweit einheitliche Personalvorgaben schnell auf den Weg gebracht.
„Beachtet uns jetzt und sofort, sonst gibt es uns bald nicht mehr“, lautet der verzweifelte Hilferuf von Marek Hintsches, Vertrauensmann der Ver.di-Betriebsgruppe am Städtischen Klinikum Karlsruhe. Er verweist auf eine aktuelle Befragung, wonach fast jede dritte Pflegekraft in Intensivstationen, Notaufnahmen und Rettungsdiensten ihre Stelle in den kommenden zwölf Monaten aufgeben will. „Damit der von Spahn vorgelegte Entwurf zur tariflichen Bezahlung in der Altenpflege nicht nur gut klingt, sondern tatsächlich das Problem löst, muss erheblich nachgebessert werden“, sagt Ver.di Vertrauensmann Manuel Koch der AWO Karlsruhe. Der Minister erwecke zwar den Eindruck, er wolle eine tarifliche Bezahlung in der Altenpflege sichern. Das sei aber nicht der Fall.
Auch die kirchlichen Wohlfahrtsverbände Diakonie und Caritas forderten zum internationalen Tag der Pflegenden bessere Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter. Nur so könne man Fachkräfte gewinnen. Einer Prognose des Statistischen Landesamtes zufolge werde die Zahl der Pflegebedürftigen in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2050 um 93 Prozent steigen. Um dies bewältigen zu können, würden bis dahin rund 141.000 zusätzliche Pflegekräfte benötigt. Nach Angaben des Bundesagentur für Arbeit waren in Baden-Württemberg im vergangenen Jahr 206.324 Menschen in der Alten- und Gesundheitspflege tätig, rund 80 Prozent davon Frauen. Für rund 2.750 Stellen im Land fand sich demnach kein qualifiziertes Personal.