Karlsruhe (mt) – Jeden Sonntag trifft Martin Wacker Promis aus der Region in der Martin-Wacker-Show. Diesmal war der Leiter des Fächerchors Karlsruhe, Peter Arestov zu Gast. Im Mai hat er den ersten deutschlandweit festen Deutsch-Ukrainischen-Chor gegründet, in dem in Deutsch, Ukrainisch und Russisch geprobt wird. Arestov selbst wurde in der ukrainischen Stadt Charkiw geboren. Seine berufliche und musikalische Laufbahn hat er dort mit einer Trompeten- und Dirigierausbildung am staatlichen Musik-College begonnen. Seit 2015 leitet Arestov den Karlsruher Fächerchor. Zudem ist er Leiter des von ihm gegründeten Vokalensembles Tehilim und des Durlacher Bläserensembles. Neben seiner gesangspädagogischen Tätigkeit ist er Stimmbildner bei verschiedenen Chören und führt Seminare für Vokal- und Sprachcoaching durch. Parallel dazu ist er als Sänger im Oratorien- und kammermusikalischen Bereich tätig: Er ist Mitglied des Immortal Bach Ensembles, freier Mitarbeiter der Rundfunkchöre Berlin und München, des SWR Vokalensembles Stuttgart und des RIAS-Kammerchores, wo er mit führenden Dirigenten unserer Zeit zusammenarbeitet, u. a. Christian Thielemann, Mariss Jansons, Kent Nagano, Marek Janowski, Marcus Greed und Daniel Reuss.
Seit 20 Jahren lebt Arestov in Karlsruhe. Er ist immer noch tief mit Charkiw verwurzelt, was momentan stark unter dem russischen Angriffskrieg leidet. „Meine zwei Brüder sind noch direkt in der Stadt. Und auch andere Verwandte und viele Freunde aus Jugendzeiten sind noch da“, erzählt der Chorleiter im Gespräch mit der neuen welle. Über seine Kontakte bekommt Arestov vieles mit. „Es ist momentan so, dass die erste Welle abgewehrt wurde und Charkiw jetzt halbwegs sicher ist“, so Arestov. „Der Krieg kommt in so eine Art zweite Phase, wo Putin versucht, nicht mehr Charkiw anzugreifen, sondern bombardiert es sporadisch ohne irgendwelches System.“ Das verunsichere die Menschen vor Ort, weil sie nicht wissen, was nachts oder am Tag passiert.
Arestov engagiert sich in Karlsruhe viel, um den Ukrainern Trost zu spenden. Mit dem Hintergrund hat er auch den Deutsch-Ukrainischen-Chor gegründet. Die Idee ist in der Zeit, in der viele Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind, an den Vorstand des Fächerchors Pascal Paul-Harang herangetragen worden. Der hat den Gedanken wiederum an Arestov weitergegeben, welcher ihn sofort umgesetzt hat. „Wir waren selber in der Hilfe involviert. Dokumente ausfüllen, übersetzen, zur Bank gehen, eine neue Wohnung finden und mit Möbeln ausstatten“, erzählt Arestov. Viele der Flüchtlinge waren traumatisiert, deswegen wollte der Chorleiter den Ukrainern eine „Oase für die Seele“ schaffen.
Im Mai vor der ersten Probe hatten Arestov und die restlichen Organisatoren dann ein bisschen Bammel. Sie wussten nicht, wie viele Flüchtlinge letztendlich kommen werden. „Circa 30 neue Leute kamen aus der Ukraine und es war schön. Ich hatte ein ukrainisches Lied vorbereitet, dass wir das üben konnten. Und als wir dann angefangen haben zu singen, dann war das fast zu Tränen rührend“, so der Sänger. „Das ist eigentlich das, was man erreichen wollte.“ Der Chor probt aber nicht nur zusammen. Nach nur einem Monat standen die Musiker schon im Badischen Staatstheater zusammen auf der Bühne. „Der erste Auftritt war wirklich fantastisch, wunderschön, sehr diszipliniert“, schwärmt Arestov. „Das alles zusammenzuführen, das war wirklich spannend.“
Momentan gibt es vor allem eine Sache, bei denen den ukrainischen Flüchtlingen geholfen werden kann. „Es wird weiterhin nach Wohnungen gesucht. Das ist das Erste, was man braucht. Alles andere ist viel leichter. Und Kleider oder Möbel – aber wenn der Platz da ist, dann kann man alles andere nachholen“, erklärt der Arestov. Aber auch beim Deutsch-Ukrainischen-Chor sind weiterhin alle herzlich willkommen. „Im Prinzip braucht man keine Vorkenntnisse und wir versuchen alle zu integrieren“, so der Chorleiter. Der nächste Auftritt ist Mitte Juli im Gartensaal des Badischen Landesmuseums. „Das ist ein wunderschöner Rahmen und für uns eine Chance, da aufzutreten“, freut sich der Sänger. Mit Blick auf die aktuelle Lage in der Ukraine wird es diese und auch noch viele weitere Angebote vermutlich in naher Zukunft weiterhin brauchen. „Wir sehen momentan kurzfristig keine Hoffnung. Deswegen hofft man, dass die Ukraine tatsächlich gute Unterstützung bekommt, um sich zu verteidigen und keine weiteren Gebiete zu verlieren.“ Das Video mit dem ganzen Interview gibt es hier.