Stuttgart (dpa/lk) – Notbremse ja, Osterruhe nein. Die Kanzlerin kassiert den geplanten Lockdown über Ostern nach heftiger Kritik wieder ein. Das bringt auch die Umsetzung der Beschlüsse im Land durcheinander. Für die Schulen hat Kretschmann eine Überraschung parat.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat die Menschen in Baden-Württemberg nach dem Stopp für die Pläne eines verschärften Oster-Lockdowns um Verzeihung gebeten. „Ich möchte mich bei der Bevölkerung für dieses Hin und Her entschuldigen“, sagte der Grünen-Politiker am Mittwoch im Landtag in Stuttgart. Zuvor hatten Kanzlerin Angela Merkel und die Länder-Regierungschefs in einer neuerlichen Schalte die in der Nacht zu Dienstag beschlossene Osterruhe wieder gekippt. Die Initiative dafür sei von Merkel ausgegangen, wofür er ihr Respekt zolle, sagte Kretschmann.
Es habe sich als nicht machbar herausgestellt, Gründonnerstag und Karsamstag mit Hilfe des Infektionsschutzgesetzes als Ruhetage zu definieren, erklärte der Regierungschef. Zudem sei klar geworden, dass es bei vielen Betrieben stark die Lieferkette beeinträchtigt hätte. Das Sprichwort „der Teufel steckt im Detail“ habe sich bewahrheitet, sagte der Grüne. Der Plan für die Osterruhe sei in der Bund-Länder-Schalte erst mitten in der Nacht aufgekommen und sei nicht genügend vorbereitet gewesen. Nun sollen die Länder mit Hilfe der Notbremse dafür sorgen, dass die Kontakte so weit wie möglich verringert werden. Vor der neuerlichen Online-Konferenz mit Merkel hatte Kretschmann im Landtag erklärt, dass Lockerungen wieder rückgängig gemacht werden müssten, sobald die Zahl der Neuinfektionen stabil über 100 pro 100.000 Einwohner in einer Woche sei. „Niemand zieht eine Notbremse leichtfertig. Aber wer sie nicht betätigt, obwohl die Gefahr absehbar ist, handelt fahrlässig“, sagte der Grünen-Politiker mit Blick auf die stark steigenden Fallzahlen.
Für Schülerinnen und Schüler hatte Kretschmann eine Überraschung parat: Nach den Osterferien sollen alle Kinder und Jugendlichen schrittweise und mit regelmäßigen Corona-Tests wieder in die Schulen zurückkehren können – trotz der Gefahr durch die Mutanten. „Wir wollen hier Perspektiven geben“, sagte Kretschmann. Voraussetzung dafür sei, dass neben Lehrkräften auch Schülerinnen und Schüler zweimal die Woche getestet würden. Die Testmöglichkeiten seien nach den Osterferien weitgehend aufgebaut. „Jedenfalls haben wir das Ziel, dass wir perspektivisch allen Klassenstufen eine Chance auf Wechselunterricht einräumen – unter entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen.“ Der grüne Regierungschef kündigte an, sich kommende Woche mit Vertretern von Eltern, Lehrern und Schulleitern zusammensetzen zu wollen. „Wenn wir möglichst viel Präsenz ermöglichen wollen, brauchen wir eine hohe Teilnahmequote an den Tests“, betonte Kretschmann. Er schloss eine „Testpflicht“ nicht aus. „Das loten wir rechtlich aus.“
Kretschmann erläuterte zudem, in Stadt- und Landkreisen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 100 würden weitere Schritte umgesetzt. Nur die Geschäfte für den täglichen Bedarf blieben geöffnet, dazu zählen auch Bau- und Gartenmärkte. Zudem gelte eine nächtliche Ausgangsbeschränkung von 21.00 Uhr bis 5.00 Uhr. Neu ist: „Wer in einem privaten Pkw mitfährt, muss eine medizinische Maske tragen, sofern die Person nicht dem Hausstand des Fahrers angehört.“ Noch nicht klar sei, ob die Kontakte von Montag an weiter beschränkt werden sollen. Wie man mit „Click&Collect“ und „Click&Meet“ im Einzelhandel umgehen will, berate man derzeit noch mit den Nachbar-Bundesländern.
Der Regierungschef erneuerte seinen Appell an die Unternehmen im Land, den Beschäftigten, die in Präsenz arbeiteten, regelmäßig Tests zur Verfügung zu stellen – „mindestens einmal die Woche, besser zweimal“. Andernfalls müsse man zu anderen Mitteln greifen. „Anfang April werden wir uns ein Bild machen, wie viele Unternehmen solche Tests anbieten“, sagte Kretschmann. „Sollte die Quote zu niedrig sein, wird eine bundesweite rechtliche Verpflichtung für die Unternehmen geprüft, Tests für ihre Belegschaften anzubieten.“