Karlsruhe/Waghäusel (dpa/svs/tk) – 2020 stößt ein Mann am Bahnhof Waghäusel einen anderen vor einen herannahenden Güterzug. Nur knapp entgeht das Opfer dem Tod. Das Landgericht Karlsruhe muss sich seit Mittwoch noch einmal mit dem Fall befassen, weil der Bundesgerichtshof den Revisionen der beiden Männer gegen das erste Urteil teilweise stattgegeben und eine neue Verhandlung angeordnet hat. Zum Prozessauftakt haben die beiden 27 und 24 Jahre alten Brüder geschwiegen. Ein Urteil wird Anfang Mai erwartet.
Im zweiten Prozess um den lebensbedrohlichen Stoß eines Mannes vor einen fahrenden Güterzug am Bahnhof in Waghäusel, haben beide Angeklagte von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht. Das Landgericht Karlsruhe muss sich seit Mittwoch noch einmal mit dem Fall befassen, weil der Bundesgerichtshof (BGH) den Revisionen der 27 und 24 Jahre alten Brüder gegen das erste Urteil teilweise stattgegeben und eine neue Verhandlung angeordnet hat. Dabei solle es vor allem um die Schuldfähigkeit der an paranoider Schizophrenie erkrankten Männer gehen. Diese sei nicht richtig beurteilt worden.
Eine andere Kammer hatte im April 2021 den damals 26-jährigen Täter wegen Mordversuchs zu zehn Jahren Haft verurteilt, seinen 23 Jahre alten Bruder wegen unterlassener Hilfeleistung zu neun Monaten auf Bewährung. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Haupttäter im Sommer 2020 einen 54-Jährigen, der auf dem Bahnsteig in Waghäusel wartete, unvermittelt ins Gleisbett gestoßen hatte. Mit Tritten und Schlägen habe er den Mann daran gehindert, wieder auf den Bahnsteig zu klettern – als sich ein Güterzug mit etwa Tempo 90 näherte. Das Opfer konnte sich in eine Lücke pressen und überlebte mit mehreren Knochenbrüchen. Der Haupttäter handelte nach Überzeugung des Gerichts aus Wut und Enttäuschung über seine Lebenssituation in Deutschland. Die angeklagten Brüder aus Syrien hatten vor Gericht geschwiegen. Der Anwalt des Älteren hatte auf eine mildere Strafe plädiert, weil er nicht von einem geplanten Mord seines Mandanten ausging.
Der BGH beanstandete nichts an den Feststellungen zum Geschehen an sich. Er sah aber die Schuldfähigkeit des Haupttäters nicht richtig beurteilt: «So wurde eine paranoide Schizophrenie nicht ausreichend untersucht, weil das Landgericht die Auffälligkeiten in seiner Lebensführung im Tatzeitraum nur unzureichend gewürdigt hat. Zudem lassen die Ausführungen des Landgerichts eine – sich aufdrängende – Auseinandersetzung mit einer drogeninduzierten Psychose vermissen.» Zu klären sei, ob der Mann in ein psychiatrisches Krankenhaus muss.
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