Karlsruhe/Stuttgart (dpa/lk) – Kanzlerin Angela Merkel will am Dienstag mit den Bundesländern in einer Videokonferenz über Maßnahmen gegen die weiter steigenden Corona-Infektionszahlen beraten. Priorität hätten dabei Schulen, die Kindertagesstätten und die Wirtschaft, sagte die Kanzlerin. Demnach soll in der Runde mit den Ministerpräsidenten über Maßnahmen etwa bei großen Familienfeiern debattiert werden. So sollten vorher die Gäste erfasst werden, um über diese Anmeldungen die Infektionsketten nachvollziehen zu können.
Hintergrund ist der besorgniserregende Umstand, dass mehrere große Städte den wichtigen Grenzwert von 50 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner in einer Woche überschritten haben. Zudem kommt es an mehreren Stellen in Deutschland zu einer diffusen Ausbreitung von Corona, ohne dass ein klarer Ausbruchsort erkennbar sei. Sonntag vor einer Woche hatten etwa die Corona-Zahlen in München den Wert von 55,6 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche erreicht. In Hamm in Nordrhein-Westfalen ist die Zahl der Corona-Neuinfizierten in den vergangenen sieben Tagen pro 100.000 Einwohner auf einen Wert von 112,2 gestiegen. Hamm wies damit weiterhin den bundesweit höchsten Wert auf. Vergangenes Wochenende ist die Zahl der bestätigten Coronafälle im Landkreis Biberach nach drei privaten Partys ebenfalls sprunghaft angestiegen. Für über 600 Menschen wurde häusliche Quarantäne angeordnet.
Lokale Infektionsherde müssten sehr deutlich angegangen werden, sonst habe man an Weihnachten Zahlen wie in Frankreich, betonte Merkel weiter. Die Infektionszahlen in Europa seien besorgniserregend, sagte die Kanzlerin besonders mit Blick auf die Lage der Wirtschaft. In Europa gebe es nicht die Kraft, ein zweites großes Rettungspaket gegen die Corona-Folgen zu finanzieren. Die Pandemie bewirke weltweit einen Einbruch der Kaufkraft. Merkel äußerte zugleich Zweifel, dass die Berliner Landesregierung angesichts stark steigender Zahlen in der Hauptstadt ernsthaft versuche, Maßnahmen gegen die Ausbrüche einzuleiten. „Es muss in Berlin was passieren“, wurde die Kanzlerin zitiert.
Der Bund will angesichts der anhaltend hohen Infektionszahlen mit dem Coronavirus derzeit keine weiteren Öffnungsschritte zulassen. Um eine korrekte Kontaktnachverfolgung zu ermöglichen, sollen Ordnungsbehörden Verstöße etwa bei falschen persönlichen Angaben in Restaurants mit einem Mindestbußgeld von 50 Euro belegen können, heißt es in einem der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegenden Entwurf der Beschlussvorlage des Bundes für die Beratungen an diesem Dienstag.
Außerdem schlägt der Bund für Feiern in privaten Räumen eine Obergrenze von 25 Teilnehmern vor. In öffentlichen Räumen solle sie bei maximal 50 Teilnehmern liegen, heißt es in dem Entwurf einer Beschlussvorlage. Offen ist, ob die Maximalzahlen für Feiern nur bei Überschreiten bestimmter Grenzwerte bei den Neuinfektionen gelten sollen. Eine Festlegung niedrigerer Werte durch ein Land oder eine Kommune bleibt nach dem Entwurf jeweils möglich. Ausnahmen könnten für angemeldete Feierlichkeiten mit vom Gesundheitsamt abgenommenen Hygieneplänen zugelassen werden.
Beim letzten Treffen der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten am 27. August hatten Bund und Länder angesichts schon damals steigender Covid-19-Infektionszahlen die Corona-Auflagen teilweise verschärft. Ein Mindestbußgeld von 50 Euro bei Verstößen gegen die Maskenpflicht sollte in 15 der 16 Bundesländer gelten – nur Sachsen-Anhalt scherte aus. Sorgen bereiteten damals vor allem auch Feiern im privaten und Familienkreis, die als eine Hauptursache für die steigenden Infektionszahlen gelten. Hier konnten sich Bund und Länder nicht auf bundesweit geltende Obergrenzen für die Zahl der Teilnehmer einigen.
Zuletzt hatten Merkel und die Länderregierungschefs vor knapp fünf Wochen in einer Videoschalte nötige Maßnahmen in der Pandemie erörtert. Aus Sorge um steigende Covid-19-Infektionszahlen lehnten Bund und Länder damals Lockerungen der Auflagen ab, sie verschärften diese zum Teil noch. Sorgen bereiteten schon damals vor allem Feiern im privaten und Familienkreis, die als eine der Hauptursachen für die steigenden Infektionszahlen gelten. Hier konnten sich Bund und Länder nicht auf bundesweit geltende Obergrenzen für Teilnehmerzahlen einigen.