Stuttgart (dpa/lk) – Winfried Kretschmann hätte lieber noch etwas auf der Bremse gestanden – bis er bei Omikron klarer sieht. Doch mit der Justiz im Nacken muss der Regierungschef erste Lockerungen zulassen. Der Ministerpräsident bleibt jedoch misstrauisch. Es sei noch immer unklar, mit welcher Wucht die Omikron-Welle das Land und somit das Gesundheitssystem treffe. Die Signale seien widersprüchlich. „Und solange können wir nicht auf breiter Linie lockern.“ Doch wer sich die neuen Corona-Regeln genauer anschaut, die von Freitag an in Baden-Württemberg gelten sollen, entdeckt eine ganze Reihe von Erleichterungen – auch für Ungeimpfte.
Die Justiz hat der Regierung Kretschmann klare Ansagen gemacht. Der Verwaltungsgerichtshof hält das Einfrieren der Alarmstufe II mit strikten Einschränkungen vor allem für Ungeimpfte für voraussichtlich rechtswidrig. Weil die Grenzwerte bei der Belastung der Kliniken zuletzt unterschritten wurden, hätte das Land eigentlich längst in die normale Alarmstufe zurückgehen – und lockern müssen. Nun setzt Grün-Schwarz das reguläre Stufensystem wieder in Kraft, die Regierung hätte die Corona-Verordnung Ende Januar eh neu fassen müssen. Künftig gilt erstmal wieder die weniger scharfe Alarmstufe, die in einigen Punkten aber neu gefasst wurde.
Gastronomie: In der Alarmstufe II galt noch 2G plus und eine Sperrstunde ab 22.30 Uhr. Künftig müssen Geimpfte und Genesene keine aktuellen Test mehr ins Restaurant mitbringen. Und auch die Sperrstunde fällt weg.
Profisport: Geisterspiele sind erstmal passé. Im Stadion sind in der normalen Alarmstufe wieder bis zu 6.000 Zuschauer zugelassen, wenn der Veranstalter die 2G-plus-Regel anwendet – Geboosterte sind vom zusätzlichen Test weiter ausgenommen. Wenn die Veranstalter bei der 2G-Regel bleiben wollen, gilt eine Obergrenze von 3.000 Zuschauern. 10 Prozent dürfen Stehplätze sein. 10.000 Zuschauer wie in Bayern wollte die Regierung aber nicht zulassen. Die Alarmstufe hätte eigentlich bis zu 25.000 Besucher vorgesehen.
Kultur: Bei Konzerten sind in geschlossenen Räumen 3.000 Besucher zugelassen – unter der Bedingung, dass 2G plus am Eingang angewendet wird. Bei 2G ist die Obergrenze 1.500. Für alle Veranstaltungen gilt, dass höchstens die Hälfte der Kapazitäten ausgeschöpft werden darf. In Museen und Büchereien gilt ebenfalls nur noch 2G statt 2G plus.
Freizeit: Auch bei touristischen Angeboten wie Skilifts, Seilbahnen und Busreisen müssen Geimpfte und Genesene künftig keinen Test mehr vorweisen. Im Freizeit- und Vereinssport gilt in Hallen ebenfalls kein 2G plus mehr.
Einzelhandel: Nachdem das Gericht die 2G-Regel im Handel schon gekippt hat, kehrt die Landesregierung auch in ihrer Verordnung wieder zu dem sowieso in der Alarmstufe vorgesehenen 3G zurück. Ungeimpfte können schon seit dem Urteil am Dienstag wieder mit einem aktuellen Test shoppen gehen.
Ausgangssperre: Ungeimpfte dürfen nun auch zwischen 21 und 5 Uhr wieder aus dem Haus. Bisher galt in Kreisen mit einer 7-Tage-Inzidenz von mindestens 500, dass Ungeimpfte nur aus zwingenden Gründen nachts das Haus verlassen dürfen. Bis die Ausgangsbeschränkungen wieder greifen, dürfte es dauern. Künftig sollen die Ausgangsbeschränkungen erst greifen, wenn in einem Kreis die Inzidenz von 1.500 überschritten wird.
Hochschulen: Seit Montag können auch ungeimpfte Studierende wieder mit negativen Corona-Tests an den Vorlesungen und Übungen teilnehmen. Der VGH hatte schon vergangenem Freitag einem Studenten Recht gegeben. Nun kommt die 3G-Regel auch offiziell.
Clubs, Discos und Messehallen müssen wegen erhöhter Ansteckungsgefahr geschlossen bleiben. Fastnachtsumzüge sind verboten. In Bussen und Bahnen muss künftig eine FFP2-Maske getragen werden.