Mannheim/Stuttgart (dpa/lk) – Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat die coronabedingte nächtliche Ausgangssperre gekippt. Dagegen geklagt hatte eine Frau aus Tübingen. Nach dem am Montag veröffentlichten Beschluss muss die Vorschrift in der Corona-Verordnung, die nächtliche Ausgangsbeschränkungen von 20 Uhr bis 5 Uhr vorsieht, außer Vollzug gesetzt worden. Zum letzten Mal findet sie in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag Anwendung.
In Baden-Württemberg hat die Justiz die coronabedingte nächtliche Ausgangssperre gekippt. Der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim entschied in einem am Montag veröffentlichten Beschluss, dass die Ausgangsbeschränkungen von 20 Uhr bis 5 Uhr noch diese Woche außer Vollzug gesetzt werden müssen. Zum letzten Mal gelten sie in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag. Damit war der Eilantrag einer Klägerin aus Tübingen erfolgreich.
Der 1. Senat argumentierte, die Regelung des Bundeslandes habe zuletzt die gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt. Dem Infektionsschutzgesetz zufolge seien Ausgangsbeschränkungen nur möglich, wenn ihr Unterlassen zu Nachteilen in der Pandemiebekämpfung führe. Sie kämen nur dann in Betracht, wenn der Verzicht auf Ausgangsbeschränkungen – auch unter Berücksichtigung aller anderen ergriffenen Maßnahmen – zu einer wesentlichen Verschlechterung des Infektionsgeschehens führe. Die Mannheimer Verwaltungsrichter wiesen die Argumentation der Landesregierung zurück, dass eine „verfrühte“ Aufhebung der Ausgangsbeschränkungen die Gefahr eines erneuten exponentiellen Wachstums des Infektionsgeschehens berge. Diese Darstellung sei zu pauschal und undifferenziert.
Zudem müsse die Landesregierung prüfen, ob diese Ausgangsbeschränkungen landesweit angeordnet werden müssten oder ob differenziertere, am regionalen Infektionsgeschehen orientierte Regelungen in Betracht kämen. Den gesetzlichen Anforderungen habe das Land zuletzt – anders als Ende Dezember und Mitte Januar, als Eilanträge erfolglos blieben – nicht mehr entsprochen.
Das Land kündigte daraufhin an, nur noch für Corona-Hotspots solche Maßnahmen ergreifen zu wollen. Es sei absehbar gewesen, dass angesichts der sinkenden Infektionszahlen in Baden-Württemberg die Frage der Verhältnismäßigkeit gestellt würde, sagte Regierungssprecher Rudi Hoogvliet am Montag in Stuttgart. „Jetzt haben wir juristische Klarheit.“ 15 Stadt- und Landkreise liegen bei der sogenannten Sieben-Tage-Inzidenz unter 50, nur noch vier Kreise über 100. „Auch wir hatten schon überlegt, die landesweite Regelung aufzuheben und eine regionale Regelung daraus zu machen“, sagte Hoogvliet. Man habe am Wochenende schon Kontakt mit der Staatsregierung in Bayern gehabt, um gemeinsam mit dem Nachbarn zu überlegen, ob und wann man die landesweite Regelung im Gleichschritt aufheben könne.
Die aktuelle Corona-Verordnung, die auch den Lockdown regelt, gilt noch bis zum 14. Februar. Der Südwesten hat momentan noch die schärfsten Ausgangsbeschränkungen – von 20.00 Uhr bis 05.00 Uhr am nächsten Morgen. Noch vergangene Woche hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Maßnahme als sehr effektiv gelobt. In Bayern dürfen die Menschen um 21.00 Uhr nicht mehr vor die Tür. In Rheinland-Pfalz gelten nächtliche Ausgangssperren schon seit Anfang Dezember nur in Hotspots – aktuell sind davon der Rhein-Pfalz-Kreis sowie die Stadt Frankenthal betroffen. In Speyer und Ludwigshafen wurden die nächtlichen Ausgehverbote bereits wieder aufgehoben.