Ötigheim/Ettlingen/Bad Wildbad/Baden-Baden (dpa/lk) – Das Sozialministerium in Baden-Württemberg genehmigt insgesamt 19 Modellprojekte aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen. Dazu gehören die Ötigheimer Freilichtspiele, die bei dem Projekt mehr Zuschauer einlassen dürfen, als die derzeitige Landesverordnung erlaubt. Außerdem öffnet der Tourismus in Bad Wildbad, Musikproben und -konzerte in Ettlingen werden erlaubt und Baden-Baden will seine Casinos und Spielhallen öffnen. Die Durchführung der Projekte wird wissenschaftlich begleitet.
Ein Blaskonzert oder ein Fußballturnier? Eine durchtanzte Nacht oder Schlussapplaus nach dem Theaterabend? Ewig scheint das angesichts der langen Corona-Zwangspause her zu sein. Nach den ersten Öffnungsversuchen unter anderem in Tübingen, in mehreren Unternehmen und im Europapark in Rust macht das Land den Weg frei für weitere Modellprojekte im Tourismus, in der Kultur, im Sport und in der Clubszene. Insgesamt könnten 19 neue Versuche an den Start gehen, teilte das Gesundheitsministerium in Stuttgart mit. Ziel sei es, Konzepte für eine Zukunft mit weiter gesunkenen Corona-Zahlen zu erproben. Voraussetzung dafür bleibe eine stabile Inzidenz von unter 100 im jeweiligen Land- oder Stadtkreis.
Ausgewählt wurden unter anderem Projekte für Chor- und Orchesterkonzerte, für Sehenswürdigkeiten, für die Freilichtspiele in Ötigheim und Schwäbisch Hall sowie das Welfenfest in Weingarten. Die Volksschauspiele Ötigheim planen bei ihrem Modellprojekt mit 875 Zuschauern bei der Premiere am 12. Juni. „Das ist für uns ganz großes Glück“, sagte Geschäftsführer Maximilian Tüg. „Wir hoffen nur, dass wir in der kurzen Zeit auch möglichst viele Karten verkaufen können.“ Deutschlands größte Freilichtbühne fasst normalerweise mehrere Tausend Zuschauer. Außerdem darf der Tourismus in Bad Wildbad darf öffnen, die Städte Ettlingen und Achern sind mit Musikvereinen dabei, der Südbadische Fußballverband will die Mini-Fußballspieltage organisieren, in Ludwigsburg sollen Angebote für Jugendliche umgesetzt, in Mannheim Tanzveranstaltungen durchgeführt und in Ravensburg zwei Clubs geöffnet werden. Der Rems-Murr-Kreis plant sechs Open-Air-Konzerte im Aspacher Fußballstadion, Baden-Baden will seine Casinos und Spielhallen öffnen.
Allerdings könnte sich das eine oder andere Projekt als Modell bald erledigt haben: Denn mit der geplanten neuen Corona-Verordnung soll es Städten und Kreisen mit einer Inzidenz unter 50 auch erlaubt werden, unmittelbar in die nächste Öffnungsstufe einzutreten und Auflagen zu lockern. „Es braucht damit kein zeitliches Durchlaufen der einzelnen Öffnungsschritte“, teilte das Ministerium mit. Dank dieser generellen Öffnungsperspektive könnten zahlreiche eingereichte Modellvorhaben regulär im Rahmen der Corona-Verordnung umgesetzt werden, teilten Städtetag, Gemeindetag und Landkreistag mit. Land und kommunale Landesverbände hatten das Auswahlverfahren gemeinsam organisiert. Für mehr als die Hälfte der Städte und Kreise im Land könnte das in Frage kommen. Denn landesweit lag die Sieben-Tage-Inzidenz am Sonntag bei 43 nach Angaben des Landesgesundheitsamtes. 28 der insgesamt 44 Stadt- und Landkreise unterschreiten nach aktuellem Stand die 50er-Inzidenzschwelle und keine einzige Region liegt noch bei einer dreistelligen Inzidenz.
Insgesamt gingen nach Angaben des Ministeriums 83 Anträge für die Modellprojekte ein, fast jeder zweite (39) aus der Kultur. „Der Anteil von gut 50 Prozent zeigt, wie dringend gerade diese Branche Öffnungsperspektiven braucht“, sagte Gesundheitsminister Manne Lucha. Die Auswahl sei nicht leichtgefallen. Kriterien seien die wissenschaftliche Begleitung gewesen und die Frage, wie sehr sich die Projekte auf die jeweiligen Lebensbereiche oder die Branche übertragen ließen. Auch die Qualität von Test- und Hygienekonzepten sowie die digitale Nachverfolgung von Kontakten hätten eine Rolle gespielt.
Der Europapark in Rust hatte den Zuschlag bereits erhalten und vor einer Woche geöffnet. Eigentlich dürfen Freizeitparks in Baden-Württemberg erst in einer dritten Öffnungsstufe wieder Besucher empfangen – also frühestens etwa einen Monat nach dem Außerkrafttreten der sogenannten Bundes-Notbremse im jeweiligen Kreis. Nun findet sich auch der Erlebnispark Tripsdrill unter den Modellprojekten wieder. „Es ist eine Erleichterung, jetzt eine Perspektive zu haben“, sagte Parksprecher Birger Meierjohann. Wenn das Modellprojekt im Europapark positiv bewertet werde, „wovon wir alle ausgehen“, so Meierjohann, dann wäre der 8. Juni ein möglicher Starttermin für alle anderen Freizeitparks.