Stuttgart (pm/svs) – Längst fliegen Pollen von Hasel oder auch Erle vielerorts durch die Lüfte und sorgen bei Allergikern für juckende Augen, Niesattacken oder gar Atemnot. Dabei nimmt die Zahl der Betroffenen in Baden-Württemberg stetig zu, wie Daten der KKH Kaufmännische Krankenkasse zeigen. So stieg der Anteil der Pollenallergiker unter den Versicherten von 2012 auf 2022 um 10,3 Prozent – bei Männern um 8,6 Prozent, bei Frauen um 11,5 Prozent.
Im Bundesdurchschnitt hat sich der Anteil Betroffener innerhalb dieser zehn Jahre um 14,3 Prozent erhöht. Damit liegt Baden-Württemberg unter dem deutschlandweiten Anstieg und hat im Ländervergleich die drittniedrigste Steigerungsrate – nach dem Saarland (4,2 Prozent) und Hamburg (8,4 Prozent). Die höchste Steigerungsrate verzeichnet Sachsen-Anhalt (25,5 Prozent). Insgesamt wurde bei jeder/m 18. im Südwesten eine Pollenallergie, auch Heuschnupfen genannt, diagnostiziert.
Bei Heuschnupfenpatientinnen und -patienten kommt es zu einer Überreaktion des Immunsystems auf herumfliegende, eigentlich harmlose Pollen. Solche sogenannten Allergene können von Laubbäumen und Sträuchern wie Birke und Esche stammen, aber auch von Getreide, Gräsern und Kräutern wie Roggen, Beifuß und Wegerich. Der Körper bekämpft sie wie Krankheitserreger. In der Folge treten allergische Reaktionen der Nasenschleimhaut und Bindehaut auf, die zu Fließschnupfen, verstopften Atemwegen, geschwollenen Augen bis hin zu Asthma führen können.
Laut Deutschem Wetterdienst war der Februar 2024 hierzulande der wärmste Februar seit Beginn der regelmäßigen Wetteraufzeichnungen. Kein Wunder, dass Hasel, Pappel & Co. frühzeitig die Pollenproduktion in Gang gesetzt haben, die für die Natur lebenswichtig ist. „Die Leidenszeit für Pollenallergiker hat sich durch den Klimawandel und die damit verbundene Erderwärmung verlängert. Der Winter bietet längst keine Verschnaufpause mehr, da Pollen nahezu ganzjährig aktiv sind“, sagt Apotheker Sven Seißelberg von der KKH. „Auch die zunehmende Menge und Konzentration der Pollen durch die Klimaveränderungen erhöhen die Belastung für Heuschnupfengeplagte.“ Ebenfalls auf das Konto des Klimawandels geht die Ausbreitung neuerer Pflanzen mit hohem Allergiepotential wie der Beifuß-Ambrosie.
Heuschnupfen sollte behandelt werden. Andernfalls besteht das Risiko, dass sich daraus allergisches Asthma entwickelt. Entscheidend ist es zunächst festzustellen, auf welche Pollen Betroffene allergisch reagieren. Dies können Hausärztin, Hausarzt oder Allergologen mittels spezieller Tests ermitteln. Dann kann eine medikamentöse Behandlung zur Linderung der Beschwerden erfolgen. „Pollenallergiker sollten sich in der Hauptsaison informieren, wann und wo sie mit welchen Pollen verstärkt rechnen müssen, sprich wie hoch ihr jeweiliges Allergierisiko für den Tag ist. Dementsprechend können sie Aufenthalte im Freien besser planen und Orte mit erhöhter Pollenaktivität am Wochenende oder auch für Urlaube gezielt meiden“, rät Apotheker Seißelberg. Informationen über die Pollenbelastung bieten zum Beispiel die aktuellen Pollenflugprognosen vom Deutschen Wetterdienst und von der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst. „Es kann auch sinnvoll sein, rechtzeitig vor Aufenthalten im Freien die ärztlich verordneten Antiallergika wie Antihistaminika oder Kortison-Sprays zu nehmen. So lassen sich quälende Symptome frühzeitig eindämmen.“
Im vergangenen Jahr waren nach dem Start der Pollenflugsaison einige rezeptpflichtige Medikamente gegen Heuschnupfen knapp. „Auch aktuell gibt es bereits einen Engpass beim Asthma-Notfallspray Salbutamol“, erklärt Sven Seißelberg. „Daher ist es sinnvoll, einen gewissen Vorrat der benötigten Arzneimittel anzulegen. Dabei gilt: Je früher, desto besser, das heißt idealerweise bereits im Winter die erforderlichen Medikamente für die kommende Saison besorgen. Dann laufen Sie nicht Gefahr, in der Akutphase mit verstopfter Nase und aufgequollenen Augen in der Apotheke leer auszugehen.“ Am besten rechtzeitig einen Vermerk im Kalender machen, um gut vorbereitet in die Saison 2025 zu starten.