Karlsruhe (pol/svs) – Konnte die Polizei Karlsruhe in den letzten Jahren fortlaufend einen Rückgang der Straftaten im Stadt- und Landkreis vermelden, ist das für 2022 erstmals nicht der Fall. Vermutlich liegt das aber auch am Ende der Pandemie. Während Corona waren viele Menschen dauerhaft Zuhause, das hat es vor allem Einbrechern schwer gemacht. Nach achtjährigem Rückgang gibt es hier wieder einen Anstieg. Mit 504 Taten erreichten die Wohnungseinbrüche annähernd das Niveau von 2018. In 278 dieser Fälle wurde in dauerhaft genutzte Privatwohnungen eingebrochen. Außerdem haben die ganzen Enkeltrickbetrugsmaschen die Polizei schwer in Atem gehalten.
Der mehrjährige Rückgang der polizeilich bekanntgewordenen Straftaten hat sich im Jahr 2022 im Dienstbezirk des Polizeipräsidiums Karlsruhe nicht fortgesetzt. Zusammengefasst stieg die registrierte Kriminalität im Vergleich zum Jahr 2021 um 8,6 Prozent auf 42.458 Straftaten einschließlich der mit Strafe bedrohten Versuche an. Verglichen mit der landesweiten Entwicklung von +13,1 Prozent fällt die Zunahme im Stadt- und Landkreis Karlsruhe damit etwas niedriger aus. Die Aufklärungsquote ging um 6,8 Prozentpunkte auf 58,9 Prozent zurück. Diese Zahl drückt das Verhältnis von aufgeklärten zu bekanntgewordenen Straftaten aus. Die Häufigkeitszahl stieg im Vorjahresvergleich ebenfalls an und erreicht mit 5.624 erfassten Straftaten pro
100.000 Einwohnern den zweitniedrigsten Zehnjahreswert. Die Häufigkeitszahl stellt das mengenmäßige Verhältnis zwischen Einwohnern und registrierten Straftaten dar.
Mit den Lockerungen der Kontaktbeschränkungen nach der Corona-Pandemie ging auch ein Anstieg der Fallzahlen bei den Delikten einher, denen ein Zusammenhang mit den konkreten Auswirkungen der Pandemie zugeschrieben wird. So hat das öffentliche Leben im Jahr 2022 wieder deutlich zugenommen, womit auch ein Anstieg der Straftaten im öffentlichen Raum, wenigstens mitursächlich, zusammenhängen dürfte. Die im öffentlichen Raum begangenen Straftaten haben um etwa 14 Prozent auf 19.421 Fälle zugenommen. Im Stadtkreis entwickelte sich diese Tendenz etwas deutlicher als im Landkreis. Den größten Anteil an den Gesamtstraftaten nehmen mit 5.312 Fällen die Diebstahlsdelikte ein, deren Zahl um 1.789 Fälle gegenüber der Vorjahresstatistik anstieg. Auch die Rohheitsdelikte und Delikte gegen die persönliche Freiheit haben den Vorjahreswert mit 2.641 registrierten Fällen um 16 Prozentpunkte überstiegen.
Die Vermögens- und Fälschungsdelikte im öffentlichen Raum hingegen gingen um über fünf Prozent auf 3.616 Fälle zurück. Besonders genau beobachtet die Polizei im öffentlichen Raum den Anteil der Straftaten mit dem Tatmittel Messer. Hier ist seit dem Jahr 2019 ein kontinuierlicher Anstieg der Fallzahlen auf zuletzt
200 im Jahr 2022 festzustellen.
Das PP Karlsruhe reagierte noch im Berichtsjahr auf die Zunahme von Straftaten im öffentlichen Raum. Auf Basis einer fortlaufenden Rechtslage- und Kriminalitätsbelastungsanalyse wurde der öffentliche Raum um den Markt- und Schlossvorplatz, vornehmlich in den Abend- und Nachtstunden, als Gebiet mit erhöhter Kriminalitätsbelastung identifiziert. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse wurden an diesen Orten auf der Grundlage des Polizeigesetzes von Baden-Württemberg zielgerichtete Personenkontrollen durchgeführt mit dem Ziel, konkrete Erkenntnisse auf mögliche Gefahrenlagen und geplante Straftaten zu gewinnen und potentielle Störer aus der Anonymität des öffentlichen Raums zu lösen. Gegen Ende des Jahres 2022 konnten messbare Erfolge auf Grund der getroffenen Maßnahmen in Form von rückläufigen Fallzahlen festgestellt werden.
Auch bei der Entwicklung der Wohnungseinbruchszahlen werden Zusammenhänge zwischen Maßnahmen des Infektionsschutzes und Straftatenbegehung angenommen. Wo sich großflächige Heimarbeit und Reisebeschränkungen günstig auf die Verhinderung von Wohnungseinbrüchen ausgewirkt haben dürften, verzeichnete die Polizei im Jahr 2022 nach achtjährigem Rückgang erstmalig wieder einen Anstieg der Fallzahlen. Mit 504 Taten erreichten die Wohnungseinbrüche annähernd das Niveau von 2018. In 278 dieser Fälle wurde in dauerhaft genutzte Privatwohnungen eingebrochen. Inwieweit mit diesem Anstieg eine statistische Umkehr des mehrjährigen Abwärtstrends verbunden ist, bedarf der weiteren Beobachtung und Analyse. Zügig haben Schutz- und Kriminalpolizei in Reaktion auf diese Entwicklung und unter Federführung der Ermittlungsgruppe für Wohnungseinbruchsdiebstähle ihre ohnehin schon zahlreichen Fahndungs-, Kontroll- und Auswertemaßnahmen weiter intensiviert. So gelang es im Dezember 2022 sowie im Januar und Februar 2023, insgesamt fünf Wohnungseinbrecher auf frischer Tat festzunehmen. Alle Verdächtigen kommen auch als Täter für weitere, zurückliegende Wohnungseinbrüche in Betracht.
Betrügerische Anrufstraftaten verursachen seit Jahren immense Tatschäden und stellen die Polizei mit ihren wechselnden Begehungsformen vor immer neue Herausforderungen. Das gilt insbesondere auch für die Aufklärungsarbeit der Polizeilichen Kriminalprävention. Im Berichtszeitraum 2022 registrierte die Polizei 885 Betrugsstraftaten des Phänomens „Angeblicher Polizeibeamter“, was einen Anstieg um über 40 Prozent zum Vorjahr darstellt. Der überwiegende Teil dieser Taten blieb im Versuchsstadium. In 22 Fällen wurde die Tathandlung vollendet, was zu Tatschäden in Höhe von insgesamt 671.382 Euro führte. 14 Fälle wurden aufgeklärt. Bei den Betrugsstraftaten der Phänomene „Enkeltrick“ und „Schockanruf“ wurden insgesamt 576 Fälle registriert, womit sich die Fallzahlen im Vorjahresvergleich nahezu verdoppelt haben. Auch hier blieben die meisten Taten im Versuchsstadium. Allein die 24 vollendeten Fälle verursachten jedoch finanzielle Schäden in Höhe von 642.318 Euro. 11 Taten konnten aufgeklärt werden.
Aggressionsdelikte – dazu zählen die Gewaltkriminalität, einfache Körperverletzung und tätliche Angriffe – stiegen im Jahr 2022 um knapp 17 Prozent auf 4.057 Fälle. Der Anstieg bewegt sich etwas unterhalb des landesweiten Durchschnitts und ist vor allem auf steigende Fallzahlen bei den Körperverletzungsdelikten um 456 Fälle zurückzuführen.
Mit 837 registrierten Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung hat sich der mehrjährige Trend steigender Fallzahlen etwas verlangsamt. Den größten Anteil innerhalb dieser Deliktsgruppe macht mit 344 Fällen das Verbreiten pornografischer Schriften aus. 651 der erfassten Sexualdelikte erfolgten ohne sexuelle Übergriffe und Belästigungen. Nicht zuletzt die intensive kriminalpolizeiliche Ermittlungsarbeit und der damit verbundene überregionale und auch internationale Austausch der Ermittlungsbehörden dürfte dazu beitragen, die Entdeckungswahrscheinlichkeit von Sexualstraftaten im digitalen Raum zu erhöhen und damit mehr Delikte ins Hellfeld zu rücken. Der Leiter der Kriminalpolizeidirektion, Leitender Kriminaldirektor Ralf Krämer, betont, dass „auch im Jahr 2023 ein besonderer kriminalpolizeilicher Handlungsschwerpunkt in der systematischen Aufhellung krimineller Machenschaften insbesondere auf dem Gebiet der Verbreitung kinderpornografischer Inhalte im Internet liegen wird.
Das Erkennen und Beenden von tatsächlichem Kindesmissbrauch muss eines unserer obersten Ziele bleiben. Hierdurch können wir schwerwiegende Schäden von schutzlosen Opfern abwenden.“
Die Gewalt gegen Polizeibeamte bewegt sich seit Jahren auf einem hohen Niveau.
Zunehmend werden Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte auch bei alltäglichen Maßnahmen angegriffen. Von dieser bundes- und landesweiten Entwicklung blieb auch das Polizeipräsidium Karlsruhe nicht verschont. Im Jahr 2022 erfasste die Karlsruher Polizei 141 Widerstände gegen Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte, gegenüber dem Vorjahreswert 45 Fälle mehr. Die Fallzahlen bei den tätlichen Angriffen auf Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte stiegen um
34 Fälle auf 173 Taten an. Zusammengenommen mit den übrigen erfassten Straftaten zum Nachteil von Polizeikräften gab es in den Reihen des Polizeipräsidiums Karlsruhe 776 Geschädigte, 203 davon wurden leicht und vier schwer verletzt.
Darüber hinaus wurden 12 Angehörige von Rettungsdiensten und zwei Feuerwehrleute Opfer von Gewalt gegen Rettungskräfte. Um den Kontakt zwischen jungen Menschen und der Polizei möglichst konfliktfrei zu gestalten, wurde im Polizeipräsidium Karlsruhe das Präventionsformat „Respekt ist ein Bumerang“ erarbeitet. In diesem interaktiven Workshop-Programm für Jugendliche ab 16 Jahren treten besonders geschulte Beamtinnen und Beamten u.a. des Referats Prävention im Schulklassenrahmen in einen offenen Austausch. Ziel ist es, dass die jungen Menschen ein Verständnis für die Erforderlichkeit polizeilicher Maßnahmen gewinnen, sich kooperativ verhalten, die Folgen von aggressivem Verhalten erkennen und ihr Vertrauen in die Arbeit der Polizei steigern. Der Leiter der Schutzpolizeidirektion, Leitender Polizeidirektor Dr. Gustav Zoller, leitet aus den Entwicklungen im Bereich von Gewalt gegen Polizei- und Rettungskräften ab, dass nicht nur präventive Handlungsschwerpunkte ergriffen werden müssen: „Es ist nicht zu tolerieren, dass Einsatzkräfte der Polizei oder Angehörige von Rettungsdiensten und Feuerwehren angegriffen und verletzt werden.