Stuttgart/Karlsruhe (dpa/lk) – Der Duft von gebrannten Mandeln würde normalerweise in vier Monaten durch die Straßen und über die Plätze der Kommunen ziehen. Menschen in Massen an den Glühweinständen. Aber die Corona-Pandemie kennt keine normalen Zeiten und so stehen in diesem Jahr nach den Volksfesten, Bundesligaspielen, Festivals und Messen auch die Weihnachtsmärkte auf dem Prüfstand. Für die Herbstfeste gibt es nur noch wenige Hoffnungen. Erste Kommunen wie Schwetzingen und Sinsheim haben ihre Märkte bereits abgesagt. Viele andere sind unentschlossen und auch die Landesregierung scheint nicht wirklich überzeugt. Während die Kommunen Konzepte ausarbeiten, wie doch noch Glühwein ausgeschenkt und Mandeln gebrannt werden könnten, machen die Schausteller mobil.
Das Wirtschaftsministerium hat die traditionellen Märkte trotz der geltenden strengen Corona-Auflagen in diesem Jahr zwar noch nicht vollkommen abgeschrieben. Gemeinsam mit dem Sozialministerium erarbeite ihr Haus derzeit Regelungen für die Öffnung von Märkten und mobilen Freizeitparks, sagte Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. „In diesem Rahmen kann grundsätzlich auch die Durchführung von Weihnachtsmärkten denkbar sein“, sagte die CDU-Politikerin weiter. Details zu den Auflagen nannte sie nicht.
Aber Sozialminister Manne Lucha dämpfte umgehend die Hoffnungen auf eine Weihnachtsmarkt-Saison. „Stellen Sie sich die Eingangssituation des Stuttgarter Weihnachtsmarktes vor mit den ganzen Trinkbuden“, sagte er. „Das sind Situationen, die wir in dieser Form sicher nicht durchführen können.“ Die Frage nach den Weihnachtsmärkten müsse zwar entschieden werden, weil auch die Händler Planungssicherheit bräuchten. Es sei aber dringend notwendig, stets die Wege der Besucher und deren Kontakte nachvollziehen zu können. „Ob es abgestimmte, abgeschwächte Formen gibt, das müssen wir jetzt erarbeiten“, sagte Lucha.
Zuvor hatte unter anderem Schwetzingen im Rhein-Neckar-Kreis seinen Weihnachtsmarkt wegen der Corona-Regeln abgesagt. Es werde ein Konzept für 24 Aktionen an 24 Orten in der Stadt erarbeitet, teilte Oberbürgermeister René Pöltl mit. Ulm will es laut Konzept mit Digitaltechnik und einer Verteilung des Marktes auf mehrere Plätze versuchen und auch in Freiburg soll es nach derzeitiger Planung ein Angebot geben – unter Corona-Bedingungen. Stuttgart hat nach Angaben eines Stadtsprechers noch nicht über eine Absage oder Form entschieden. In Ludwigsburg sehen die Tourismusmanager dagegen bereits jetzt kaum noch Chancen für den Barock-Weihnachtsmarkt. Allerdings lasse die Corona-Verordnung Freiraum für Alternativen: Und weil Messen vom 1. September an mit Auflagen wieder erlaubt sind, könne Ludwigsburg eine Weihnachtsmesse organisieren, heißt es in einer Vorlage der „Tourismus & Events Ludwigsburg“, über die ein Ausschuss des Gemeinderats am Dienstagabend beraten wollte. Ein Aufschieben der Entscheidung über einen Weihnachtsmarkt bis September oder Oktober komme zudem für viele Händler zu spät, heißt es in der Vorlage der Barockstadt weiter.
Das sehen die Schausteller genauso. Seit Beginn der Corona-Pandemie hat nach Schätzungen ihres Landesverbandes im Südwesten etwa jeder fünfte Unternehmer in der Branche aufgegeben. „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand“, sagte der Verbandsvorsitzende Mark Roschmann der dpa. Die Corona-Auflagen kämen einem Berufsverbot gleich. Sorgen bereite den Schaustellern neben der ausbleibenden Perspektive für die Weihnachtsmärkte auch die geringe Chance auf Herbstfeste, sagte Roschmann. Zu den meisten Veranstaltungen lägen Hygienekonzepte vor, aber das Sozialministerium komme der Branche nicht entgegen. „Wenn wir die Aussicht auf die Märkte hätten und zudem die Zusage für die 20 Herbstfeste in Baden-Württemberg, dann wäre das schon mal ein Anfang“, sagte Roschmann. Bislang gilt ein Verbot von Großveranstaltungen bis mindestens Ende Oktober.
Rund 1.000 von ihnen werden am Donnerstag (13:00 Uhr) bei einer Kundgebung in Stuttgart erwartet. Mit etwa 600 Fahrzeugen wollen sie vom Cannstatter Wasen, dem Schauplatz der jährlichen großen Volksfeste, in die City ziehen und lautstark ein Ende der strengen Verbote fordern. Viele von ihnen dürften ihre Fahrgeräte gleich mit dabei haben: „Wir haben ein Riesenrad auf eine Lkw-Lade montiert – und einen Sarg“, sagte der Karlsruher Schausteller Willy Krusig. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums wird auch Ministerin Hoffmeister-Kraut erwartet. Anfang Juli hatten rund 1.600 Schausteller in Berlin für Erleichterungen bei den Corona-Einschränkungen demonstriert.
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