Stuttgart (dpa/svs) – Im Herbst droht eine neue Corona-Welle. Möglicherweise muss dann auch wieder massenhaft geimpft und geboostert werden. Werden dann die teuren Impfzentren im Südwesten wieder geöffnet? Entschieden ist das noch nicht. Im Fall einer neuen Zuspitzung der Corona-Lage im Herbst könnten Ärzte und Apotheker in Baden-Württemberg rund 810 000 Menschen pro Woche impfen. Das geht aus Zahlen des Landes und der Kommunen hervor. Demnach haben die niedergelassenen Ärzte signalisiert, im Regelbetrieb pro Woche etwa 550 000 Impfungen zu schaffen. In den Apotheken wären 195 000 möglich. Hinzu kommen noch die Privatärzten und die Zahnärzte, die impfen können.
Ob die Impfzentren im Südwesten im Herbst wieder öffnen ist fraglich. Aber Ärzte und Apotheker stehen bereit. Zu den niedergelassenen Ärzten mit etwa 550 000 Impfungen pro Woche, kommen noch die Privatärzten, die 53 000 Menschen innerhalb von sieben Tagen immunisieren könnten, und die Zahnärzte mit 12 000 Impfungen. In der Vereinbarung von Land und Kommunen zum Impfkonzept für den Herbst heißt es zudem: «Möglich erscheinen darüber hinaus rund 100 000 Impfungen durch Betriebsärztinnen und Betriebsärzte sowie große Betriebe.»
Die große Frage ist nun, ob das reicht, wenn es wegen einer neuen Welle oder einer zumindest denkbaren neuen Virusvariante wieder einen Ansturm auf die Praxen und Apotheken geben sollte. Das Land hat die Impfzentren zwar größtenteils geschlossen, behält es sich aber vor, sie bei Bedarf wieder zu öffnen. In der Vereinbarung von Land und Kommunen heißt es, dass der Bund gegenwärtig von einem bundesweiten Bedarf von rund 50 Millionen notwendigen Impfungen im Herbst 2022 ausgehe. Der Anteil von Baden-Württemberg läge somit bei etwa 6,5 Millionen Impfungen. Bei einer Impfkapazität von rund 810 000 Impfungen pro Woche könnte es demnach Ärzten und Apothekern im Südwesten gelingen, in rund acht Wochen diesen Bedarf an Impfungen zu decken.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte gesagt, man habe nicht vor, die Impfzentren im Herbst wieder zu öffnen. Das wurde aber gleich wieder eingeschränkt. Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) will dafür gewappnet sein, sollte es einen Run auf die Impfungen geben. «Sollte eine Situation eintreten, dass in einem kurzen Zeitraum plötzlich extrem hohe Mengen verimpft werden müssen, weil die Menschen sich boostern lassen möchten, eine neue, gefährlichere Virusvariante auftritt oder der neue, an Omikron angepasste Impfstoff vorliegt, möchte ich parat sein,» so Lucha. Das schließe auch die Wiedereröffnung von Impfzentren ein. Die Kommunen sind wegen der hohen Kosten eigentlich dagegen.
Baden-Württemberg dringt gemeinsam mit anderen Bundesländern auf rasche Vorkehrungen für eine drohende Corona-Welle im Herbst. Ein neuer Beschluss sei nötig, um auf einen Anstieg der Infektionen im Herbst mit geeigneten Gegenmaßnahmen reagieren zu können, sagte Landesgesundheitsminister Manne Lucha. «Dazu zählen insbesondere Maskenpflicht in Innenräumen, 3G/2G-Zugangsregeln, Testpflichten, Personenobergrenzen und Kontaktbeschränkungen», heißt es in dem Vorschlag, dem auch der Südwesten zustimmt.
Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann unterstützte Luchas Ansage an den Bund. «Dass man den Instrumentenkasten voll befüllt, ist ein Gebot der praktischen Vernunft», sagte er am Dienstag in Stuttgart. «Ich meine, die Feuerwehr funktioniert ja auch nicht so, dass sie erst die Schläuche bestellt, wenn sie die Größe des Brandes sieht.» Der Bund müsse sich vor der Sommerpause mit den Ländern darüber einigen, welche Maßnahmen möglich werden. «Ich möchte natürlich alles haben, auch die Möglichkeit von Ausgangssperren», sagte Kretschmann. Es sei aber absehbar, dass die Liberalen das nicht mitmachen würden. Kultusministerin Theresa Schopper wünscht sich, dass die Ampel auch die Maskenpflicht in Schulen wieder zulässt. Wenn die Testmöglichkeiten im September ausliefen, bleiben den Schulen quasi keine weiteren Schutzmaßnahmen.