Kultur im Freien wieder möglich - doch wie geht es im Substage weiter?

21. Mai 2021 , 06:00 Uhr

Karlsruhe (lk) – Durch die sinkenden Inzidenzen und den damit einhergehenden Lockerungen könnten ab Samstag im Stadt- und Landkreis Karlsruhe wieder Kulturveranstaltungen im Freien mit bis zu 100 Personen erlaubt sein. Doch bis mal wieder Konzerte stattfinden, wie wir sie kennen, dauert es noch eine ganze Weile. Vivien Avena und Fabienne Stocker vom Substage Karlsruhe haben uns ihre aktuelle Lage geschildert.

Lage bei Live-Musikklubs ist prekär

Inzwischen ist es 15 Monate her, dass wir das letzte mal feiern und tanzen konnten, wie wir das bislang gewohnt waren. Corona hat nicht nur unseren Alltag auf den Kopf gestellt, sondern auch das gesamte soziale Leben. Kulturveranstaltungen und Konzerte liegen seit Monaten brach. Nach einer kurzen Open-Air-Saison mit vielen Einschränkungen im vergangenen Sommer, befindet sich die Szene seit Oktober wieder auf einer langen Durststrecke. Das Substage in Karlsruhe ist bekannt für grandiose Konzerte international bekannter Künstler. Die vergangenen Monate konnte sich der Live-Musikclub hauptsächlich durch finanzielle Zuschüsse, Spenden und Überbrückungshilfen über Wasser halten. Strom- und Heizkosten fielen ja keine an. Die Mitarbeiter sind in Kurzarbeit, Entlassungen musste es glücklicherweise keine geben. Trotz allem ist die Lage prekär: ohne Einnahmen kann sich das Veranstaltungshaus vielleicht noch ein paar Monate bis in den Herbst hinein retten. Danach sieht es düster aus.

An neue Gegebenheiten anpassen

Doch Vivien Avena kann der Situation auch etwas Gutes abgewinnen: „Für die komplette Live-Musikbranche war das eine neue Situation und wir haben und viel stärker und enger vernetzt. Natürlich fehlt die Kultur und die Situation ist für uns bedrohlich. Für alle Menschen ist es Mist, dass es kein Ventil für Freizeit gegeben hat und keine Kultur stattfinden konnte. Aber letztlich ist es eben eine besondere Pandemie-Situation. Und wir konnten das immer verstehen, dass gerade nicht die Zeit ist, tanzende, schwitzende Menschen in einem Raum zusammen kommen zu lassen. Mir persönlich wurde manchmal sogar zu früh nach Öffnungen geschrien.“ Natürlich seien Kultur und Wirtschaft wichtige Faktoren in einer Gesellschaft. Aber möglicherweise müsse sich die Kultur an die neuen Gegebenheiten anpassen. Außerdem könne sich jetzt vielleicht das Gefälle von Hochkultur und kleinen Musikclubs ein bisschen mehr auf Augenhöhe annähern.

Hygienekonzept mit Schnelltests

Sollten die Inzidenzen in und um Karlsruhe weiter auf niedrigem Niveau bleiben, könnten bereits ab Samstag in einem ersten Öffnungsschritt Lockerungen für Handel, Gastronomie und Kultur kommen. Veranstaltungen in Innenräumen wären jedoch frühestens vier Wochen später möglich – sollten die Zahlen nicht wieder in die Höhe schnellen. Dann wären Veranstaltungen bis 100 Personen mit Hygienekonzept und AHA-Regeln im Substage wieder möglich. Zutritt werde es natürlich nur für Genesene, vollständig Geimpfte oder negativ getestete Personen mit entsprechendem Nachweis geben. Eine Schnellteststation befindet sich beispielsweise direkt vor der Haustür auf dem Karlsruher Messplatz. Außerdem wird es im Substage Kontaktnachverfolgung mit Apps oder auch handschriftlich geben werden. „Wir als Veranstalter sind flexibel. Es wird uns immer wieder gelingen, eine Lösung zu finden“, ist sich Vivien Avena sicher.

Erhöhter Aufwand durch Nachweise

Die zweite Vorstandsvorsitzende des Substage, Fabienne Stocker, sieht aber neue Herausforderungen und einen höheren Aufwand durch die neuen Regelungen: „Das Bestuhlungskonzept mit dem Abständen haben wir noch aus dem letzten Jahr. Komplizierte könnte es mit den vollständig Geimpften werden. Solange es keine App für den Nachweis gibt, können wir das im Karten-Vorverkauf nicht kontrollieren. Dadurch entsteht ein höherer Aufwand, als im vergangenen Jahr. Bekommen wir die Nachweise manuell oder digital, was gilt bei welchem Impfstoff…“ Hauptproblem seien aber die verschobenen Shows internationaler Künstler. Kurzfristig für dieses Jahr könnten vermutlich nur lokale und mit viel Glück nationale Künstler gebucht werden. Für Großveranstaltungen über 1.000 Leute sieht Stocker die Situation sogar noch für das kommende Jahr kritisch: „Ob jemals wieder alles normal abläuft, hängt davon ab, ob sich das Virus so abschwächt, dass es keine letale Bedrohung mehr für den Menschen ist. Oder die Impfstoffe entsprechend angepasst werden.“

Die Unbekannte wie es weitergehen wird

Auch der Zuspruch des Publikums ist für die beiden Bookerinnen des Substage aktuell noch eine Unbekannte: „Vermutlich wird es ein zweischneidiges Schwert. Eine Gruppe, die total nach Feiern und Tanzen dürstet. Andererseits aber auch die Tendenz der Vorsicht. Menschen, die sich erstmal nur in kleineren Gruppen treffen. Ich sehe nicht, dass alle Veranstaltungen als Selbstläufer ausverkauft sein werden“, sagt Avena. Außerdem werde es nach Corona  ein absolutes Überangebot an Veranstaltungen geben. „Da wird man in der Woche gar nicht mehr wissen, wo man sein Geld hintragen soll, weil es so viel an Angebot geben wird.“ Auch bei den Künstlern gehe die Schere weit auseinander. Da müsse zwischen den Großverdienern der Branche und solo-selbstständigen Künstlern unterschieden werden. „Gerade für den Nachwuchs ist es schwierig. Aber inzwischen gibt es ja Plattformen wie TikTok. Dadurch hat es die Live-Auftritte vielleicht gar nicht so sehr gebraucht“, sagt Avena. Sie kenne Künstler, die ihre Tätigkeit erstmal ruhen gelassen haben und stattdessen in einem Impfzentrum ausgeholfen oder sich einen anderen Job gesucht hätten.

Anzeige

Das könnte Dich auch interessieren

07.07.2024 Entenfüttern: Spaß für Menschen, Problem für Tiere – NABU-Experte klärt auf Region (dk) – Entenfüttern ist für viele ein liebgewonnenes Ritual, doch ist es wirklich gut für die Tiere? Eberhard Klein, Leiter des NABU Bodenseezentrums bei Konstanz, erläutert, warum das Füttern von Enten problematisch sein kann und gibt wertvolle Tipps. Problematisches Brot Vor allem Kinder und Rentner füttern häufig Enten an Seen und Flüssen. „Die Tiere 02.07.2024 Balkonkraftwerk-Boom im Südwesten - Tausende setzen auf Solaranlagen Region (dpa/lsw) - Die Sonne scheint auf den Balkon - und versorgt so den Kühlschrank mit Strom? Balkonkraftwerke machen es möglich. Immer mehr Menschen im Südwesten entscheiden sich für die kleinen Solaranlagen. In Deutschland sind mehr als eine halbe Million sogenannte Balkonkraftwerke am Netz.  Das ist mehr als eine Verdoppelung seit Mitte 2023. 20.02.2024 Karlsruher Richter kassieren Freispruch für Klimaaktivisten - Urteil lückenhaft Karlsruhe (dpa) – Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat am Dienstag einen Freispruch wegen Nötigung im Falle einer Straßenblockade durch einen Klimaaktivisten gekippt. Eine grundsätzliche Entscheidung, ob es sich in diesem Falle um Nötigung handelte, wurde aber nicht getroffen, wie aus der Entscheidung hervorgeht. Fall geht zurück ans Amtsgericht Das Urteil des Amtsgerichtes Freiburg, das einen 32-Jährigen freigesprochen hatte, sei 10.01.2024 Die Mehrwertsteuer ist gestiegen – jetzt müssen Gastronomen den Gürtel enger schnallen Region (lea) – Essen gehen, oder doch lieber selbst kochen? Diese Frage wird sich in zahlreichen Haushalten mit Blick in den Geldbeutel im neuen Jahr häufiger stellen. Denn zum Jahreswechsel klettert die Mehrwertsteuer von sieben wieder auf den vor-Pandemie-Satz von 19 Prozent. Von Kanzler Scholz‘ Aussage, die Mehrwertsteuer werde nie wieder abgeschafft, ist angesichts von