Stuttgar/Karlsruhe (dpa/lk) – Und die Schraube wird wohl noch mehr angezogen: Unmittelbar vor den Bund-Länder-Gesprächen im Kampf gegen die Corona-Pandemie hat Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann schärfere Maßnahmen erneut befürwortet. Besondere Sorgen machen ihm neue Virusvarianten aus Großbritannien und Südafrika, die sich noch schneller verbreiten sollen. Derzeit zeichnet sich eine Verlängerung des Corona-Lockdowns bis Mitte Februar ab.
Die bisherigen Maßnahmen wirkten, sagte der Grünen-Politiker. Aber „da der neue Virus sehr aggressiv ist, muss man über Verschärfungen nachdenken“. Am wichtigsten sei mehr Homeoffice. Diese Maßnahme hätten Experten besonders betont, weil sich so auch die Kontakte im öffentlichen Nahverkehr stark reduzieren ließen. Außerdem werde über FFP2-Masken gesprochen werden müssen, sagte Kretschmann weiter. Zudem wolle er bei seinen Länderkollegen für strenge Ausgangsbeschränkungen ab dem Abend werben, wie sie in Baden-Württemberg und Bayern gelten.
An diesem Dienstag wollen sich Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder beraten, ob und welche schärferen Schutzmaßnahmen gegen Corona umgesetzt werden sollen. Mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder will Kretschmann noch vor der Konferenz über den Umgang mit dem Grenzverkehr sprechen. Hintergrund sei, dass sich die Virusmutationen etwa in Österreich und Frankreich bereits stärker ausbreitet. Söder hatte nationale Grenzkontrollen ins Gespräch gebracht.
Kretschmann will sich in der Bund-Länder-Runde dafür einsetzen, dass mehr Arbeitnehmer ins Homeoffice wechseln. Appelle reichten nicht mehr. Hoogvliet ging davon aus, dass sich Bund und Länder auf verschärfte Regeln einigen werden. «Die Bereitschaft, da weit zu gehen, ist groß.» Es sei zum Beispiel denkbar, dass die Arbeitgeber begründen müssten, warum sie bestimmte Arbeitnehmer nicht ins Homeoffice schicken können. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verwies auf neu in Kraft getretene gesetzliche Möglichkeiten, nun bestimmte Verordnungen zu erlassen. «Das betrifft tatsächlich verbindliche Regeln in Bezug auf die Möglichkeit des Homeoffice als Angebot für die Beschäftigten, wo immer das betrieblich möglich ist».
In Bayern sind FFP2-Masken seit Montag Pflicht in Bussen, Bahnen und Geschäften. Kretschmann sei offen dafür, wenn sich alle Länder darauf einigen könnten, sagte sein Sprecher. Es wird aber auch diskutiert, OP-Masken, die nur Centbeträge kosten, verpflichtend zu machen. Auch diese schützten mehr als Alltagsmasken aus Stoff.
Kretschmann will mit Ministerpräsidenten und Kanzlerin diskutieren, wie man eine Öffnungsperspektive für Kitas und Grundschulen erarbeiten kann. Zuletzt hatte der Grüne eine Öffnung zum 18. Januar abgelehnt, wie sie Kultusministerin Susanne Eisenmann vehement gefordert hatte. Bayerns Regierungschef Markus Söder hat allerdings schon angekündigt, dass es beim Distanzunterricht an den Schulen und geschlossenen Kitas bis Mitte Februar bleiben soll.
Beim ersten Lockdown im Frühjahr waren nationale Grenzkontrollen eingeführt worden, um das Einschleppen des Virus aus dem Ausland so weit wie möglich zu verhindern. Damals hatte es herbe Kritik an dieser Maßnahme gegeben, weil Pendler, Familien und Unternehmen darunter litten. Nun wollen Kretschmann und Söder „auf der Südschiene“ noch vor dem Bund-Länder-Treffen über den Grenzverkehr sprechen. Hintergrund sei, dass sich die Virusmutationen etwa in Österreich und Frankreich bereits stärker ausbreiten. Söder hatte gesagt, wenn es keine einheitliche europäische Strategie in der Corona-Bekämpfung gebe, „wären Grenzkontrollen sinnvoll“.