Stuttgart (dpa/lk) – Trotz der Omikron-Welle und rasant steigender Infektionszahlen werden Rufe nach einer Exitstrategie aus der Corona-Pandemie immer lauter. Ministerpräsident Kretschmann will davon noch lange nichts wissen.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann sieht mindestens bis Mitte April keine Chance für das Ende von Corona-Beschränkungen. Eine Debatte über Exitstrategien vor Ostern sehe er überhaupt nicht, sagte der Regierungschef am Dienstag in Stuttgart. „Wir brechen keine Debatte über Exitstrategien vom Zaun – das wäre völlig unangemessen und das völlig falsche Signal.“ So habe Baden-Württemberg vor kurzem erst Regeln verschärft, sagte Kretschmann mit Blick auf die FFP2-Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr. Das werde man nicht durch „haltlose Ausstiegsdebatten“ konterkarieren. Man sei immer noch in einer dramatischen Situation.
Man werde sich höchstens grundsätzlich und sehr vertraulich darüber unterhalten, wann eine Exitdebatte sinnvoll wäre, sagte Kretschmann. Man sei immer noch in einer dramatischen Situation. Es seien daher erstmal keine Lockerungen geplant: „Erstmal haben wir das nicht vor.“ Er schließe aber grundsätzlich gar nichts aus in der Pandemie. Im Großen und Ganzen habe er sich immer an die Beschlüsse von Bund und Ländern gehalten, sagte er mit Blick auf die nächste Ministerpräsidentenkonferenz Mitte Februar. CDU-Fraktionschef Manuel Hagel stellte Lockerungen nach Aschermittwoch (2. März) in Aussicht.
Trotz weiter steigender Corona-Infektionszahlen wird in der Politik der Ruf nach einem Konzept für eine Rücknahme von Beschränkungen lauter. Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte dem „Spiegel“ gesagt: „Wir haben die Omikron-Welle zwar noch nicht hinter uns, aber wir müssen schon jetzt konkret daran arbeiten, wann und unter welchen Bedingungen es zu schrittweisen Öffnungen kommen kann.“ Auch der designierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai fordert, schnell mit einer Diskussion über die Rücknahme von Beschränkungen zu beginnen.
Die Sieben-Tage-Inzidenz der Corona-Neuinfektionen liegt im Südwesten in nur 5 von 44 Stadt- und Landkreisen unter 1.000. Auf den Intensivstationen im Land werden derzeit 274 Covid-Erkrankte behandelt. Die Zahl der Corona-Infizierten, die innerhalb einer Woche und pro 100.000 Einwohner in ein Krankenhaus kamen, liegt bei 4,8. Bis zur nächsten Ministerpräsidentenkonferenz Mitte Februar werde man genau beobachten, wie sich die Pandemie in den Krankenhäusern entwickle, sagte Kretschmann. Es gebe derzeit etwa viele Klagen von überlasteten Arztpraxen. Die Inzidenzen schössen durch die Decke. Eine Regierungssprecherin stellte klar, dass das Land mit seinem Stufensystem aus Alarmstufen ja einen Fahrplan für Lockerungen habe.
Lockerungen werde es in dem Maße geben, wie es verantwortbar sei. „In Moment sprechen die Fakten eine klare Sprache: Die Fallzahlen wie die Krankenhauseinweisungen steigen“, sagte CDU-Fraktionschef Hagel der Deutschen Presse-Agentur. „Daher sind wir uns in Koalition einig, dass wir bis Aschermittwoch weiter konsequent bleiben müssen.“ Die grün-schwarze Koalition habe sich in der Pandemie immer „faktenbasiert, lageabhängig und entlang wissenschaftlichem Rat“ entschieden. Das werde man weiterhin tun. „Wenn sich die pandemische Lage aufhellt, werden wir nach Aschermittwoch auch über Lockerungen und den sukzessiven Ausstieg aus der Verordnungspraxis sprechen können“, sagte Hagel. „Wir müssen, wir wollen und wir werden dann, noch mehr als bisher, auf Eigenverantwortung setzen.“
Die FDP hält gar nichts von Kretschmanns Osterfrist. „Ein erneutes Beispiel für ein völlig willkürliches Politikverständnis“, schimpfte Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. „Man muss sich doch an der Lage orientieren und nicht am Osterhasen.“