Kretschmann schimpft über "Einheitswahn" in der Corona-Politik

12. April 2021 , 09:26 Uhr

Stuttgart (dpa/lk) – Weil mit den Ländern nichts vorangeht, nimmt der Bund nun das Management der Corona-Krise in die Hand. Kretschmann regt sich indes über „Einheitswahn“ auf – und rechtfertigt, warum sich Baden-Württemberg nicht ganz an die Notbremsen-Regeln hält.

Unterschiede bei unterschiedlichen Inzidenzen möglich

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat das Abweichen des Landes von den von Bund und Ländern einst beschlossenen Kontaktregeln der „Notbremse“ verteidigt. Materiell würde diese Regelung nicht groß etwas ändern, sagte er am Samstag am Rande eines Parteitags des Südwest-Grünen in Heilbronn. „Ein Ehepaar kann nur allein seine Kinder besuchen, sie sind aber zu Hause zusammen. Das ist jetzt pandemisch nicht groß der Unterschied.“ Es könne durchaus Unterschiede in der Pandemiebekämpfung geben, da auch die Inzidenzen unterschiedlich seien, sagte Kretschmann. „Diesen Einheitswahn teile ich überhaupt nicht.“ Wichtig sei, dass man bei zentralen Dingen zusammenbleibe. Kleine Abweichungen spielten pandemisch keine Rolle.

Zwei Haushalte auch in Hotspots erlaubt

In Baden-Württemberg dürfen sich derzeit auch in Regionen mit hohen Inzidenzen zwei Haushalte mit bis zu fünf Personen treffen. Nach der „Notbremsen“-Vereinbarung von Bund und Ländern darf sich allerdings in Kreisen mit mehr als 100 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner in einer Woche nur ein Haushalt mit einer weiteren Person treffen. Kinder bis 14 Jahren werden jeweils nicht mitgezählt.

Infektionsschutzgesetz soll geändert werden

Angesichts steigender Neuinfektionszahlen und einer zunehmenden Belastung auf den Intensivstationen sollen am kommenden Montag nicht wie geplant Bund und Länder gemeinsam über neue Maßnahmen in der Corona-Krise entscheiden. Stattdessen sollen Bundestag und Bundesrat im Eilverfahren das Infektionsschutzgesetz nachschärfen. Ziel sei es, bundesweit einheitliche Regelungen für Regionen mit hohen Infektionszahlen zu schaffen. Die Änderung solle schon in der kommenden Woche vom Kabinett beschlossen werden. Dessen Sitzung werde von Mittwoch auf Dienstag vorgezogen.

Kretschmann will sich an Bundesbeschluss halten

„Wenn der Bund das macht, gilt das und dann machen wir das“, sagte Kretschmann. „Und dann sind die Deutschen sehr froh, dass alles genau gleich geschieht.“ In dem Bundesgesetz werde nichts stehen, was man nicht sowieso schon mache mit der „Notbremse“. Der Grüne sieht auch den Föderalismus nicht bedroht, da sich das Vorgehen des Bundes nur auf die Bekämpfung der Pandemie beziehe. Die Ministerpräsidentenkonferenz habe nicht sehr einheitlich in den vergangenen Sitzungen gehandelt und trage deshalb eine Mitschuld daran. Viele Länder hätten sich nicht an die Beschlüsse gehalten.

Arbeitsplatz und Schulen einheitlich regeln

Gleichzeitig verteidigte Kretschmann das Vorgehen und die Beschlüsse der Bund-Länder-Schalten. Er widersprach der Wahrnehmung, die Ministerpräsidentenkonferenz habe versagt. „Lediglich bei dieser Osterruhe mussten wir zurückrudern.“ Aber immerhin habe man den Fehler korrigiert, bevor er entstanden sei. „Ansonsten hat die MPK uns bisher ganz ordentlich durch Krise gebracht.“ Nirgendwo werde fehlerfrei regiert. „In welchem vergleichbaren Industrieland läuft es besser als in Deutschland – mir ist es nicht bekannt. So schlecht war das wohl nicht. Das ist vielleicht gefühlt so aber tatsächlich keineswegs.“ Es sei nun wichtig, die Pandemie zu bekämpfen und nicht Metadebatten über Föderalismus zu führen. Es sei wichtig, in den Bereichen Arbeitsplatz, Schule, private Treffen einheitlich zu handeln. „Das wird jetzt der Bund regeln und dann machen wir das brav und artig alles so, wie der Bundestag das für richtig hält.“

Anzeige

Das könnte Dich auch interessieren

07.07.2024 Entenfüttern: Spaß für Menschen, Problem für Tiere – NABU-Experte klärt auf Region (dk) – Entenfüttern ist für viele ein liebgewonnenes Ritual, doch ist es wirklich gut für die Tiere? Eberhard Klein, Leiter des NABU Bodenseezentrums bei Konstanz, erläutert, warum das Füttern von Enten problematisch sein kann und gibt wertvolle Tipps. Problematisches Brot Vor allem Kinder und Rentner füttern häufig Enten an Seen und Flüssen. „Die Tiere 02.07.2024 Balkonkraftwerk-Boom im Südwesten - Tausende setzen auf Solaranlagen Region (dpa/lsw) - Die Sonne scheint auf den Balkon - und versorgt so den Kühlschrank mit Strom? Balkonkraftwerke machen es möglich. Immer mehr Menschen im Südwesten entscheiden sich für die kleinen Solaranlagen. In Deutschland sind mehr als eine halbe Million sogenannte Balkonkraftwerke am Netz.  Das ist mehr als eine Verdoppelung seit Mitte 2023. 20.02.2024 Karlsruher Richter kassieren Freispruch für Klimaaktivisten - Urteil lückenhaft Karlsruhe (dpa) – Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat am Dienstag einen Freispruch wegen Nötigung im Falle einer Straßenblockade durch einen Klimaaktivisten gekippt. Eine grundsätzliche Entscheidung, ob es sich in diesem Falle um Nötigung handelte, wurde aber nicht getroffen, wie aus der Entscheidung hervorgeht. Fall geht zurück ans Amtsgericht Das Urteil des Amtsgerichtes Freiburg, das einen 32-Jährigen freigesprochen hatte, sei 10.01.2024 Die Mehrwertsteuer ist gestiegen – jetzt müssen Gastronomen den Gürtel enger schnallen Region (lea) – Essen gehen, oder doch lieber selbst kochen? Diese Frage wird sich in zahlreichen Haushalten mit Blick in den Geldbeutel im neuen Jahr häufiger stellen. Denn zum Jahreswechsel klettert die Mehrwertsteuer von sieben wieder auf den vor-Pandemie-Satz von 19 Prozent. Von Kanzler Scholz‘ Aussage, die Mehrwertsteuer werde nie wieder abgeschafft, ist angesichts von