Stuttgart (dpa/mt) – Der Baden-Württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) dringt auf einen Konsens der Bundesländer im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Deshalb habe er eine Änderung des bestehenden Beherbergungsverbotes zugunsten von Geschäftsreisenden aus Risikogebieten mit Blick auf ein Treffen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten auf Eis gelegt, sagte er am Dienstag in Stuttgart. Es mache keinen Sinn, die beabsichtigte Ausnahme für Dienstreisen gleich nach der Zusammenkunft womöglich wieder modifizieren zu müssen. Unter den Bundesländern ist das Beherbergungsverbot sehr umstritten. Er sei davon überrascht gewesen, sagte Kretschmann. Aber im persönlichen Kontakt könne man anders mit Dissonanzen umgehen als über Videoschalten. Das Wort der Kanzlerin habe großes Gewicht.
Kretschman gab in der Debatte zum Beherbergungsverbot zu bedenken, dass das Virus nicht zwischen Geschäftsreisenden und Urlaubern unterscheide. Sofern sich die Lage nicht sehr unterschiedlich darstelle, plädiere er für eine bundesweit einheitliche Regelung: „Sonst haben die Leute damit Probleme.“ Eine Übernachtung in Hotels oder Pensionen im Südwesten ist Menschen aus Risikogebieten derzeit nur erlaubt, wenn sie einen negativen Corona-Test vorlegen können, der nicht älter als 48 Stunden ist. -Das gilt sowohl für Urlauber als auch für Geschäftsreisende. Als Risikogebiete gelten Städte oder Landkreise, in denen es in den vergangenen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfektionen mit dem Coronavirus pro 100 000 Einwohner gegeben hat.
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband hatte das als unsinnig, unpraktikabel und unverhältnismäßig kritisiert. Die Branche drohe erneut massiv geschädigt zu werden. Die beiden CDU-Minister Nicole Hoffmeister-Kraut (Wirtschaft) und Guido Wolf (Tourismus) hatten ebenfalls dafür plädiert, zumindest das Verbot für Geschäftsreisende zu kippen. Die Diskussion um die bereits seit Monaten bestehende Regelung ist jetzt dadurch angeheizt worden, dass immer mehr Städte und Regionen den kritischen Wert überschreiten und ihre Bürger konkret betroffen sind. Im Südwesten sind es die Landeshauptstadt Stuttgart und der Landkreis Esslingen. Kretschmann appellierte angesichts stark steigender Infektionszahlen auch an das Verantwortungsgefühl der Menschen. „In einem Rechtsstaat muss man nicht alles machen, was man darf.“
Es sei trotz der bevorstehenden Herbstferien nicht die Zeit, „in der Gegend rumzureisen, wie man es gewohnt ist.“ Es gehe darum, die Zahl der Kontakte in Grenzen zu halten. „Die Frage ist: Wie vermeiden wir, dass die Welle hochschießt?“ Kretschmann geht mit zwei Grundpositionen in das Spitzentreffen: einen erneuten Lockdown in der Wirtschaft und im Bildungsbereich vermeiden und durch das Nachverfolgen von Infektionsketten die Kontrolle über das Ansteckungsgeschehen behalten. „Das wird eine schwierige Kiste morgen“, sagte er mit Blick auf die Runde mit seinen Amtskollegen. Der Vorschlag aus der Hamburger CDU, die Weihnachtsferien an den Schulen wegen Corona zu verlängern, findet in der grün-schwarzen Landesregierung keine Befürworter. Wichtigster Grund: erneut große Betreuungsprobleme von Kindern und Jugendlichen. Schulen und Kitas sind laut Lucha keine primären Orte der Ansteckung. Von 60 000 Schulklassen im Land seien 517 in Quarantäne.