Stuttgart (dpa/lk) – Schüler, Eltern und Lehrer im Südwesten müssen sich weiter gedulden: Wegen der schnell steigenden Infektionszahlen hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann seine Pläne für eine Rückkehr aller Kinder und Jugendlichen an die Schulen nach den Osterferien zunächst auf Eis gelegt.
Bei einem Spitzengespräch mit Schüler-, Eltern- und Lehrerverbänden am Montag legte er sich noch nicht fest, wann es mit dem geplanten Wechselunterricht für alle losgehen kann. „Da müssen wir ein stückweit auf Sicht fahren“, sagte eine Regierungssprecherin Anfrage. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen erfuhr, hat der Grünen-Politiker bei der Videokonferenz erklärt, man habe wegen der Ferien bis zum 11. April noch Zeit. Dies stieß vor allem bei Lehrerverbänden auf Unmut, da Schulleitungen und Lehrkräfte dadurch keine Planungssicherheit hätten.
Zuletzt hatte Kretschmann am vergangenen Mittwoch im Landtag angekündigt, dass nach den Osterferien alle Schülerinnen und Schüler perspektivisch wieder in die Schulen zurückkehren sollen – allerdings nur abwechselnd und getestet. Wegen der schnellen Verbreitung der Corona-Mutante, die auch durch Kinder und Jugendliche weitergetragen wird, wurden diese Pläne aber wieder gebremst. „Zunächst muss sich die pandemische Lage wieder stabilisieren“, sagte die Sprecherin. Dem Vernehmen nach waren sich alle Vertreter von Schülern, Eltern und Lehrkräften einig, dass es Wechselunterricht nur geben kann, wenn die Zahl der Neuinfektionen zwischen 50 und 100 auf 100.000 Einwohner in einer Woche liegt. Liegt die Inzidenz drüber, müssten die Schulen geschlossen und Fernunterricht angeboten werden. Dies entspreche den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts.
Die Regierung habe dagegen den Standpunkt vertreten, dass in Hotspots erst mit einer Inzidenz von über 200 die Schulen geschlossen werden müssten. Der Verband der Realschullehrer forderte das Land nach dem Treffen auf, transparente Grenzwerte herauszugeben. „Diese Richtwerte stehen immer noch aus.“ Bei dem Treffen sei man sich einig gewesen, dass Wechselunterricht nur möglich ist, wenn sich alle Schülerinnen und Schüler mindestens zweimal die Woche testen lassen, erklärte die Regierungssprecherin. Das bedeute, dass nur Schüler am Präsenzunterricht teilnehmen dürfen, die sich testen lassen. Für alle andere könne es nur Fernunterricht geben. Noch in dieser Woche will die Regierung entsprechende Pläne für eine „Testpflicht“ – wie es sie schon in Sachsen gibt – auf den Weg bringen.
GEW-Landeschefin Monika Stein forderte die Politik insgesamt auf, die Unternehmen mehr in die Pflicht zu nehmen, um die Pandemie eindämmen zu können. „Die Regierungen lehnen sich gerade schon ein wenig zurück und wollen vor allem über die Schulen, Kitas und Lebensbereiche für Kinder und Jugendliche die Pandemie in den Griff bekommen.“ Es müsse dringend überlegt werden, „ob nicht eine Home-Office-Pflicht eingeführt werden kann“. Stein bezeichnet das Gespräch als Fortschritt. „Nach dem monatelangen Streit in der Landesregierung über die Corona-Strategie haben wir jetzt den Eindruck, dass die Meinung der pädagogischen Experten wieder gefragt ist. Gut ist auch, dass der Landesschülerbeirat und der Landeselternbeirat mit am Tisch setzen. Wir hoffen jetzt auf die Zusagen von Winfried Kretschmann, dass Öffnungen nur stattfinden, wenn eine klare Teststrategie vorhanden und gute Sicherheitsmaßnahmen garantiert sind“, sagte Stein.
In Baden-Württemberg sind viele Kinder und Jugendliche seit Mitte Dezember nicht mehr in der Schule gewesen. Die Grundschulen hatten Mitte Februar wieder mit Wechselunterricht begonnen, seitdem sind auch die Abschlussklassen teils wieder an den Schulen. Seit 15. März sind die Grundschulen im Regelbetrieb. Auch die 5. und 6. Klassen sind zurückgekehrt, können aber im Wechsel unterrichtet werden.