Rastatt (la) – Die Kommunen schlagen Alarm. Sie können die zunehmenden Flüchtlingszahlen und den damit verbundenen logistischen und sozialen Aufwand nicht mehr meistern. Wohnraum für die Flüchtlinge wird knapp. Unter solchen Bedingungen sei Integration nicht mehr angemessen zu realisieren, heißt es aus Reihen der Städte und Gemeinden. Angesichts der prekären Lage haben jetzt alle Oberbürgermeister, Bürgermeister und der Landrat des Landkreises Rastatt ein Gemeinsames Schreiben an Politiker der Landes- und Bundespolitik verfasst. Es müsse sich dringend etwas ändern.
Bis Jahresende erwartet der Landkreis Rastatt eine Gesamtaufnahme von 2.600 Flüchtlingen. Die Mehrzahl davon sind ukrainische Flüchtlinge. „Die Zahl, die wir 2015 und 2016 aufgenommen haben, wird durch dieses Jahr getoppt“, erklärt der Bürgermeister der Gemeinde Ötigheim, Frank Kiefer. Das stelle die Kommunen vor neue Probleme.
Die Integration gerät derzeit an ihre Grenzen, so Kiefer. Man befinde sich in einer permanenten Krisensituation, die es nicht ermögliche, sich angemessen um die Flüchtlinge zu kümmern. Sprachkurse und Dolmetscher sind knapp. Und dann stellt sich auch noch das Problem der Unterkunft. Zu Beginn des Ukrainekrieges hätten viele Privatpersonen Flüchtlinge aufgenommen. Das sei aber keine Lösung auf Dauer, erklärt Kiefer. Von den Kommunen werde über Kurz oder Lang gefordert, den aus der Ukraine Geflüchteten eine Unterkunft zur Verfügung zu stellen. Das könne man derzeit nicht leisten, heißt es in dem Gemeinsamen Brief. Ein „Worst-Case-Szenario“ soll aber trotzdem verhindert werden. Massenlager in Gemeindehallen, Schulen und Vereinen dürften keine Lösung darstellen, so der Appell.
„Wir wollen insgesamt einen Bürokratieabbau“, erklärt Kiefer mit Blick auf die Forderungen, die das gemeinsame Schreiben stellt. Die Verfahren müssten vereinfacht werden. „Es bestehen lange Wartefristen für Containerbeschaffungen, Engpässe auf dem Handwerkssektor bei Neubau- und Sanierungslösungen“, unterstreichen die Politiker in ihrem Gemeinsamen Schreiben. Das müsse sich so schnell wie möglich ändern. Die Kommunen sollten finanziell besser ausgestattet werden. Förderprogramme des Landes seien bisher ein Tropfen auf den heißen Stein gewesen. Würden die Hürden abgebaut, hätte man übrigens auch viel mehr Personal, das sich um die Integration kümmern könnte, hebt Kiefer hervor.
Am Ende hänge alles an den Städten und Gemeinden. Bis jetzt habe man das auch immer irgendwie geschultert, erläutert Kiefer, aber jetzt gehe das nicht mehr. „Wir befinden uns an einem gefährlichen Kipppunkt“, lässt der Appell verlauten. Es sei intolerabel, dass ehrenamtliche Tafeln einen Großteil der Versorgung der Flüchtlinge übernehmen müssten. Sie könnten diese Kraftanstrengung nicht mehr länger leisten. Die Kommunen fühlen sich allein gelassen. Der Landkreis Rastatt hofft, die Verantwortlichen jetzt zum Umdenken zu bewegen.