Karlsruhe (lea) – Niedersachsen hat es vorgemacht, Mannheim hat als erste große Stadt im Südwesten nachgezogen. Und auch in Karlsruhe wird sie heiß diskutiert: Die Katzenschutzverordnung samt Kastrationspflicht steht heute auf der Tagesordnung des Gemeinderats. Die Beschlussvorlage von Bürgermeister Dr. Albert Käuflein (CDU) sieht vor, dass Katzen, die sich im Freien aufhalten, verpflichtend kastriert werden müssen. Im Entwurf ist auch eine Kennzeichnungs- und Anmeldepflicht enthalten – genau wie in Niedersachen. „Es geht um das Verringern von Tierleid“, erklärt Bürgermeister Käuflein. Denn die Not streunender Katzen könne nur durch eine Reduktion der Population gelindert werden.
„Wir hatten 2015 schon mal einen politischen Anlauf genommen. Da war die freilebende Katzenpopulation aber noch nicht so groß, dass die Voraussetzungen erfüllt gewesen wären“, erinnert sich Karlsruhes Bürgermeister für Kultur, öffentliche Sicherheit und Ordnung, Dr. Albert Käuflein (CDU). Acht Jahre später sehe das anders aus. Die Katzenschutzverordnung kann kommen. Zumindest wurde der Weg dafür durch das Papier „Verordnung zum Schutz freilebender Katzen“ geebnet. Am Dienstag soll der Entwurf durch Käuflein in den Gemeinderat eingebracht werden. „Als Bürgermeister bin ich zuversichtlich, dass der Gemeinderat das auch so beschließt“, betont er.
Der Entwurf, über den die Stadträte dann abstimmen sollen, beinhaltet drei Kernpunkte: Eine Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht. Damit geht er weiter als die Ende Juni in Mannheim verabschiedete Verordnung. Diese sieht nur vor, dass Tierhalter ihre Samtpfoten registrieren lassen müssen. Beispielsweise bei „Tasso“ oder „Findefix“ über einen Mikrochip unter der Haut oder einer Tätowierung im Ohr. Eine Kastration bleibt in der zweitbevölkerungsreichsten Stadt des Landes weiterhin fakultativ. „Bei der Verordnung geht es um das Verringern von Tierleid“, rechtfertig der Karlsruher Bürgermeister sein Papier: „Und das geht nur, indem die Population der streunenden Katzen durch eine Kastrationspflicht reduziert wird.“ Denn innerhalb von drei Jahren können durch eine unkastrierte Katze mit ihren jeweiligen Nachkommen rund 400 neue Katzen dazukommen.
„Das ist natürlich ein Eingriff“, räumt Käuflein ein. „Im tatsächlichen wie auch im übertragenen Sinn des Wortes, wenn man die Leute verpflichtet, ihre Katze kastrieren zu lassen.“ Hinter dem Entwurf stehe er mit fester Überzeugung. Und trotzdem: Eine „Katzenpolizei“ zur Kontrolle, sollte der Gemeinderat für die Verordnung stimmen, ist nicht geplant. „Wenn wir eine nicht kastrierte Katze finden, suchen wir erst mal nach dem Halter“, erläutert der Bürgermeister seinen Plan. „Sollte dieser nicht ermittelt werden können, geben wir die Katze dann zur Kastration.“ Finanziert werde das Ganze – wie bisher auch – von der Stadt. Kommt die Katzenschutzverordnung auch in Karlsruhe, gebe es aber die Möglichkeit, sich die Kosten durch das Land ersetzen zu lassen.
Lea Schmitz, Pressebeauftragte des Deutschen Tierschutzbunds e.V., freut sich über die Zunahme von Katzenschutzverordnungen in Deutschland. Sie erklärt: „Wenn Katzen unkastriert draußen rumlaufen, dann passiert es natürlich, dass sie sich fortpflanzen, dass es Nachwuchs gibt. Und das ist eben oft ungewünschter Nachwuchs, der in den Tierheimen landet.“ Vor allem im Frühjahr und Sommer seien die Einrichtungen daher „durch Kitten, die niemand haben will“, überlastet.
Auf der anderen Seite stehe das Problem der Straßenkatzen. Rund zwei Millionen von ihnen leben, meist unentdeckt im Verborgenen, auf Deutschlands Straßen und Gassen. „Diese Tiere schlagen sich durchs Leben, leiden oft unter Krankheiten“, so Schmitz. Katzenschnupfen, Zecken, Mangelernährung- die eigentlich als Haustier gezüchtete Katze lebt ohne menschliche Zuwendung als Streuner meist nur wenige Jahre. „Diese Leid kann man eindämmen oder ganz verhindern, wenn man durch Kastration verhindert, dass sich Freigänger mit Streunern paaren.“
Viel Kritik an einer Kastrationspflicht habe sie noch nicht erfahren, sagt Schmitz nach kurzem Überlegen. „Vielleicht liegt das auch daran, dass man gut argumentieren kann, dass eine Kastration einfach sinnvoll ist.“ Der Eingriff bringe außerdem einige Vorteile für das Tier: „Beispielsweise, wenn weibliche Katzen paarungsbereit sind, werden sie rollig. Das ist für sie aber mit großem Stress verbunden, außerdem werden sie dann sehr laut“, erläutert die Expertin. Unkastrierte Kater hingegen würden manchmal auch gerne die Wohnung markieren, so Schmitz weiter. „Außerdem sind sie oft in Rangkämpfe verstrickt und können sich dabei Verletzungen zuziehen.“ Müssen die Blessuren tierärztlich versorgt werden, übersteigen die damit verbundenen Kosten oft die einer einmaligen Kastrationsrechnung von etwa 300 Euro.
Dass in Mannheim keine Pflicht zur Kastration etabliert wurde, findet Schmitz „bitter“. Trotzdem sei die Einführung einer Katzenschutzverordnung schon mal ein guter Anfang gewesen. Die Entwicklung auf Länderebene hingegen, wie sie derzeit in Berlin und Niedersachsen zu verfolgen ist, begrüßt die Pressebeauftragte. „Das ist toll“, lacht sie. Doch schnell räumt sie ein: „Nur gibt es Katzen eben überall. Eigentlich ist das ein bundesweites Problem.“ Und bundesweite Probleme müssten am besten durch eine Verordnung des Bundes behoben werden.