Die Steuerfrau habe die Havarie verursacht, weil sie getrunken habe und danach wohl eingeschlafen sei, urteilte das Schifffahrtsgericht im badischen Kehl. Verletzt wurde bei dem Aufprall niemand, es entstand aber ein Millionenschaden. Mit seinem Urteil blieb das Gericht etwas unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die sechs Monate auf Bewährung gefordert hatte. «Der Alkohol war ursächlich für den Unfall», sagte Staatsanwalt Martin Seifert. Die Verteidigung plädierte hingegen auf Freispruch.
Die Frau stand wegen fahrlässiger Gefährdung des Schiffsverkehrs vor Gericht. Das Urteil ist bisher nicht rechtskräftig. Ein Verteidiger der Angeklagten ließ es am Rande offen, ob Rechtsmittel eingelegt werden.
Die in den Niederlanden lebende Angeklagte sagte aus, sie sei damals bewusstlos gewesen. «Es gab einen Stoß, Rufe, dann kam ich zu mir», berichtete sie. Sie räumte ein, am Tag der Havarie im vergangenen November Wein getrunken haben. Später sei bei ihr eine Herzkrankheit festgestellt worden. Laut Anklage betrug die Blutalkoholkonzentration bei der Angeschuldigten zur Tatzeit mindestens 1,13 Promille.
Ein Beamter der Wasserschutzpolizei mit zwei Jahrzehnten Berufserfahrung sagte aus, einen Crash dieser Art habe er bisher nicht erlebt. «Das ist ein Jahrhundertunfall.» An dem Bauwerk im baden-württembergischen Kreis Rastatt entstand nach Angaben von Staatsanwalt Seifert ein Schaden von rund 2,5 Millionen Euro. Es muss komplett ausgetauscht werden, die neue Anlage soll diesen Dienstag eingebaut werden. Vor Gericht wurde klar, dass die Reparaturen an der großen Schleuse im Kreis Rastatt den dortigen Schiffsverkehr weiter behindern.
In der Verhandlung wurde auch der Funkverkehr an der Schleuse abgespielt. «Hey, Primavera, das Tor ist zu!», rief ein Schleusenmitarbeiter, ohne dass vom Schiff eine Reaktion kam. Es gab demnach auch Warnungen per Sirene und Lautsprecher.
Die Steuerfrau berichtete, sie habe nach dem Aufprall auf das Schleusentor unter Schock gestanden und sei in ihre Kajüte zurückgekehrt. Dort habe sie zur Beruhigung wieder Wein getrunken. «So etwas ist mir noch nie zugestoßen», sagte sie mit Blick auf den Unfall. «Es war ein Schock.»
Vor dem Aufprall sei sie gebeten worden, den sogenannten Trackpiloten zu übernehmen – dies ist ein System zur automatischen Führung von Schiffen. Sie habe sich im Steuerhaus der «La Primavera» befunden: «Ich sollte aufpassen.» Der Kapitän habe sie nach der Kollision mit dem Schleusentor gefragt, warum sie ihn nicht gerufen habe. «Ich weiß nicht, was passiert ist», sagte die Polin laut einer Übersetzung ihrer Dolmetscherin. Die Strecke am Oberrhein habe sie gekannt.
Ein Polizist schilderte vor Gericht, dass eine diese Art von Steuerung von Schiffen auf dem vielbefahrenen Rhein durchaus üblich sei. «Bis Rotterdam fahren die autonom», sagte er. Ein Schiffsführer solle sich jedoch im Steuerhaus befinden. Bei Schleusen müssten Schiffe hingegen manuell manövriert werden.
Vor Gericht wurde deutlich, dass die Angeklagte bereits im Jahr 2020 wegen eines alkoholbedingten Vorfalls auf dem Rhein in Mannheim zu einer Geldstrafe verurteilt worden war. Der Kapitän und Eigner des Schiffs aus den Niederlanden schilderte vor Gericht, sie habe ihm versprochen, dass so etwas nicht mehr vorkommen werde.
Der Prozess fand vor dem Amtsgericht Kehl statt, das für den betreffenden Rheinabschnitt als Schifffahrtsgericht zuständig ist.