Region (mt) – Aufatmen in den Kliniken und Krankenhäusern in der Region: Obwohl inzwischen kaum noch Schutzmaßnahmen gelten, sinken die Coronazahlen immer weiter. Auch die Lage auf den Intensivstationen ist deutlich entspannter geworden. „Das spricht sehr für das, was wir alle uns erhofft haben, nämlich dass eben aus dieser Pandemie eine endemische Lage wird“, freut sich Franz Kehl, Klinikdirektor am Städtischen Klinikum Karlsruhe. Mit Blick auf den Herbst gibt es im Gesundheitswesen aber trotzdem einige Baustellen, die noch abgearbeitet werden müssen.
In den Augen des Klinikdirektors werde das Coronavirus in naher Zukunft einen saisonalen Charakter haben. „Deswegen können wir uns, glaube ich, getrost für die nächsten Wochen und Monate mal durchatmen und zurückziehen. Und dann muss man sehen, was im Herbst passiert, wenn es erwartungsgemäß saisonal laufen sollte und wieder zurückkommen wird. Dann hoffentlich in gebremster Weise.“ Die große Hoffnung des Mediziners sei es, dass wir jetzt endlichen in die Normalisierung gehen können. Für den Herbst prognostiziert Kehl aber eine sechste Welle: „Ich glaube, das wird eher eine kleine Welle geben. Und gerade deswegen, weil wir eben in Aussicht haben, dass angepasste Impfstoffe entwickelt werden, weil wir eben eine gesunde Immunisierung haben“, erklärt der Klinikdirektor. Somit würden schwere Krankheitsverläufe vermieden werden und die Lage weiter unter Kontrolle bleiben.
Dennoch gibt es aktuell gewaltige Problem im Gesundheitswesen: „Wir gehen leider nicht mit der gleichen Stärke aus der Pandemie raus, wie wir reingegangen sind“, so der Mediziner. „Das tut natürlich weh, weil jetzt ist eigentlich ein Aufatmen zu spüren und dann ist man doch ziemlich ganz leistungsfähig. Und das ist natürlich schon bitter“, sagt Kehl. So gehe es nicht nur dem Städtischen Klinikum Karlsruhe, sondern allen Krankenhäusern in der Bundesrepublik. „An der Stelle vielleicht auch noch mal der Appell in Richtung institutionelle Impfpflicht, nachdem eine allgemeine Impfpflicht nicht gekommen ist“, fordert der Mediziner.
Momentan belasten die Kliniken vor allem die vielen verschobenen und abgesagten Operationen. Denn die müssen jetzt alle nachgeholt werden. „Sie müssen sich vorstellen, wir haben immer wieder Patienten, die man verschieben kann, und irgendwann können sie nicht mehr verschieben, weil sie dann einfach außerhalb der Behandlungsfenster laufen. Dann müssen sie wieder operieren. Es hat sehr viele Verschiebungen gegeben, sehr viel Unmut, auch bei den Patienten, nicht mehr zu warten“, erzählt Kehl. Schaden hätte aber niemand genommen, denn manche Patienten hätten sich dann in anderen Bundesländer umgeschaut und dort schnellere Operationstermine bekommen.
Neben der noch zu bewältigenden Flut an verschobenen Operationen ist auch der Personalmangel ein großes Problem. In diesem Fall müsse die Politik handeln: „Ich denke, es geht hauptsächlich um Arbeitsbedingungen, die so gestaltet sind, dass sie wieder arbeitswürdig und liebenswürdig sind und natürlich auch mit den veränderten Wünschen der Mitarbeiter im Einklang stehen. Eben gerade was Arbeitszeiten anbelangt, die Arbeitsdichte“, analysiert der Klinikdirektor. „Da ist man bisher eher immer an die untere Grenze gegangen und dann muss man eine Personalbemessung so machen, dass die Arbeit auch wieder bewältigbar wird und dass man eben nicht im ständigen Dauerstress ist. Und dann kann ich mir schon vorstellen, dass wir auch wieder Personal gewinnen können.“ Nebenbei müssten die Mitarbeiter aber auch besser bezahlt werden. „Kurzum man wird nicht umhinkönnen, mehr in die Krankenhäuser zu geben“, so Kehl.