Karlsruhe (pm/lk) – Die Neuinfektionen in Stadt und Landkreis Karlsruhe sind weiterhin auf hohem Niveau. Tendenz steigend. Das Städtische Klinikum Karlsruhe befindet sich in einer kontrollierbaren aber angespannten Lage. Einige Notaufnahmen waren in den vergangen Tagen punktuell nicht mehr aufnahmefähig. Alle Intensivbetten sind belegt. Im Regelbetrieb müssen weiterhin Einschränkungen gemacht werden.
Wie auch in den zurückliegenden Wochen, befindet sich das Städtische Klinikum Karlsruhe weiterhin in Pandemiestufe 3. „Selbst wir als Maximalversorger müssen jetzt beginnen, Patienten von den Intensivstationen zu verlegen. Wir könnten die Pandemiestufe 3 zwar strukturell und personell leisten, allerdings würde die Versorgungsqualität und -sicherheit der Bevölkerung darunter leiden. Das müssen wir verhindern“, sagt der Geschäftsführer des Städtischen Klinikums, Michael Geißler. Da Intensivbetten weiterhin für Covid-19 Patienten bereitgehalten werden müssen und es aufgrund der Quarantäneverordnungen immer wieder zu Personalengpässen kommt, ist das Klinikum weit weg vom Regelbetrieb. Momentan dürfen 33 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aufgrund einer Corona-Infektion nicht arbeiten.
Hochrechnungen von Bio-Mathematikern aus der Uniklinik Ulm prognostizieren ein düsteres Bild für die Region Karlsruhe. „Die Spezialisten gehen davon aus, dass in den nächsten zwei Wochen ein nochmals deutlich höherer Bedarf an Intensivbetten für Corona-Patienten nötig sein werden – etwa 10 bis 20 Prozent. Das wird viele Kliniken für extrem große Probleme bringen“, so Geißler weiter. Er fordert harte Maßnahmen von der Politik: „Der Lockdown muss jetzt kommen, zeitnah. Jeder Tag, den der Lockdown zu spät kommt, führt dazu, dass die Kliniken zwei, drei Wochen später auf diesem inakzeptablen, hohen Belastungsniveau bleiben. Und führt natürlich zu überflüssigen Todesfällen, was aus ethisch-moralischen Gründen nicht vertretbar ist.“ 48 Corona-Patienten werden momentan im Städtischen Klinikum behandelt, elf davon intensivmedizinisch. Alle Intensivbetten am Klinikum sind aktuell belegt.
Wenn die Politik jetzt nicht reagiere, werde das Städtische Klinikum irgendwann in die Situation kommen, dass Mitarbeiter in ihrer Freizeit in Quarantäne müsstem, ist sich Geißler sicher. Das ist aktuell bereits am Klinikum in Landau der Fall. „Das haben wir bislang erfolgreich verhindern können. Wir haben eine aufwendig strukturierte Teststrategie. Bei uns kommt kein stationärer Patient ohne PCR-Test ins Haus. Wir screenen die Mitarbeiter flächendeckend. Aber so etwas können wir keine drei, vier oder fünf Monate durchhalten“, sagt der Klinikchef. Die Impfungen werden zwar einen positiven Effekt auf das Infektionsgeschehen haben, aber die Kliniken würde das Impfen vorerst nicht entlasten, so Geißler.
Nach dem emotionalen Appell der Bundeskanzlerin am Mittwochabend und der aktuellen Einschätzung der Situation durch RKI-Chef Wieler als „besorgniserregend“ schlagen auch die Kliniken im Stadt- und Landkreis Karlsruhe Alarm und fordern Politik und Bürger zum Handeln auf. Die Kliniken fordern eine deutliche Nachjustierung der Maßnahmen noch vor Weihnachten, mit dem Ziel, die Infektionszahlen zeitnah deutlich zu reduzieren. Parallel appellieren die Kliniken nochmals eindringlich daran, die bekannten Schutzmaßnahmen konsequent einzuhalten und die Kontakte auf ein Mindestmaß zur reduzieren, da anderenfalls damit zu rechnen ist, dass sich die Situation weiter verschärft. Um die Situation in den Griff zu bekommen, reicht der Teil-Lockdown nicht aus.
Mit Blick auf die in dieser Woche veröffentlichten Impfempfehlungen des Bundesministeriums für Gesundheit und der Ständigen Impfkommission sehen die Akteure deutlichen Nachbesserungsbedarf. Zu fordern ist, dass das gesamte in die Patientenversorgung involvierte medizinische Personal in die höchste Priorisierungsstufe aufgenommen wird und nicht nur medizinisches Personal, das in die Versorgung vulnerabler Patientengruppen involviert ist. Die Leistungsfähigkeit der Kliniken wird insbesondere durch Corona-Ausbrüche bei Mitarbeitern und durch Quarantänemaßnahmen beeinträchtigt. Würde lediglich ein Teil des medizinischen Personals geimpft werden, könnte das die Funktion ganzer medizinischer Bereiche außerhalb der jetzt geplanten Hochrisikobereiche massiv gefährden.
„Die Situation ist ernst, die Pandemie muss weiterhin mit allen Mitteln bekämpft werden, damit das Gesundheitssystem nicht überlastet wird“, unterstützt Landrat Christoph Schnaudigel die gemeinsame Erklärung der Kliniken in der Region Karlsruhe. „Trotz aller Anstrengungen gelang es dem Gesundheitsamt zwar, den steilen Anstieg der zweiten Coronawelle zu stoppen, nicht jedoch die Infektionszahlen deutlich zu senken. Diese haben sich auf hohem Niveau eingependelt, was bedeutet, dass die Lockdown-Light-Maßnahmen nicht ausreichen.“ Deshalb begrüßt er auch die aktuellen weitgehenden Beschränkungen der Landesregierung und setzt nach wie vor auf die Einsicht der Bürgerinnen und Bürger. „Die Bilder aus überlasteten Kliniken und der jetzige gemeinsame Appell der regionalen Krankenhäuser müssten eigentlich dazu anhalten zu überdenken, ob jeder persönliche Kontakt wirklich nötig ist.“
Mit unverminderter Kraft setzt das Gesundheitsamt derweil die Kontaktnachverfolgung fort. Die Schichtpläne sind über die Weihnachtsfeiertage und über den Jahreswechsel gemacht, die weitere Unterstützung von Bundeswehrsoldaten gesichert und auf der Homepage des Landratsamts ist auch ein Portal freigeschaltet, bei dem Freiwillige ihre Hilfe anbieten können: sowohl für die Kontaktpersonennachverfolgung als auch für die vier Impfzentren, die momentan im Stadt- und Landkreis Karlsruhe aus dem Boden gestampft werden, um Massenimpfungen durchführen zu können, sobald der Impfstoff verfügbar ist.